Mehr Unfälle Was tun, wenn es kracht? So handeln Sie nach einem Autounfall richtig

Berlin · Jetzt wo die dunkle Jahreszeit beginnt, sollte man sich besonders achtsam im Straßenverkehr bewegen. Ein unvorsichtiger Moment reicht aus und schon kracht es. Aber was ist zu tun nach einem Unfall?

Symbolbild

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Foto: Patrick Seeger/dpa/Patrick Seeger

Auf Deutschlands Straßen sind immer mehr Autos unterwegs, und immer öfter kracht es auch. Laut Statistischem Bundesamt waren 2017 bereits 57,6 Millionen Autos gemeldet, und die Zahl der polizeilich erfassten Unfälle stieg auf gut 2,6 Millionen, rund 58 000 mehr als im Vorjahr. Statistisch gesehen hat die Polizei damit alle 12 Sekunden einen Verkehrsunfall aufgenommen. Allerdings geben die Zahlen keine Auskunft darüber, in wie vielen Fällen die Polizei gar nicht hätte ausrücken müssen. Denn wirklich notwendig ist die Präsenz der Ordnungshüter längst nicht immer.

„Wenn niemand verletzt wurde und der Schaden überschaubar ist, benötigt man in der Regel keine Polizei“, sagt Mathias Zunk vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Wenn hingegen ganz offensichtlich Alkohol oder Drogen im Spiel seien, es Verletzte gebe oder der Unfallhergang streitig ist, sollte die 110 angerufen werden.

Zu den größten Fehlern, die Unfallbeteiligte beim Absetzen des Notrufs machen, zählt das unfreiwillige Unterschlagen wichtiger Informationen, sagt Gerrit Reichel vom Automobil-Club Verkehr (ACV). „Zunächst sollten Unfallbeteiligte der Notrufzentrale den genauen Unfallort und die Anzahl der beteiligten Personen mitteilen und dann Informationen darüber, ob jemand verletzt ist.“

Ist die Sache eindeutig, muss die Fahrbahn möglichst schnell geräumt werden, damit der Verkehr fließen kann. „Bei Bagatellunfällen gibt es keinen Grund, die Straße zu blockieren, bis die Polizei eintrifft. Wer sich daran nicht hält, muss sogar mit einer Geldbuße rechnen“, sagt Tobias Goldkamp, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Neuss.

Eine Skizze vom Unfall kann sinnvoll sein

Zuvor jedoch gilt es, Fotos zu machen, die den Unfall gut aus verschiedenen Perspektiven dokumentieren. Hilfreich dabei laut Zunk: die Positionen der Fahrzeuge durch Kreide zu umreißen, bevor sie weggefahren werden. „Das erleichtert möglicherweise die anschließende Erstellung des Unfallprotokolls.“

Zu diesem Protokoll gehören die Kennzeichen der beteiligten Fahrzeuge sowie die Namen und Adressen der Fahrzeugführer. Am besten eigne sich dafür der europäische Unfallbericht, der bei nahezu allen Versicherungen und Automobilclubs erhältlich ist und heruntergeladen werden könne, so Zunk. Auch eine Unfallskizze und die Schilderung des Unfallhergangs sollten notiert werden.

Was hingegen nicht ins Protokoll gehört, ist das Schuldeingeständnis eines der Unfallbeteiligten. „Wer am Ende für welchen Schaden aufkommt, hängt nicht nur vom Sachverhalt, also vom Unfallhergang ab, sondern auch von seiner rechtlichen Bewertung“, erklärt Goldkamp. Manchmal stelle sich im Nachhinein durch ein Gutachten heraus, dass der Unfall sich anders ereignet hat, als die Beteiligten es in dem Moment wahrnahmen. Auch die Versicherungsdaten seien nicht entscheidend für den Unfallbericht, da diese auch später über das Kennzeichen ermittelt werden könnten.

Wichtige Unfalldetails wie Beschädigungen oder die Endpositionen der Fahrzeuge hingegen ließen sich im Nachhinein nicht mehr ohne weiteres nachvollziehen, so der Jurist. Wenn möglich sollten auch Zeugen für den Unfallhergang benannt werden. Das helfe, den Unfallhergang besser zu rekonstruieren. Allerdings sei auch das im Nachgang oft schwierig, so Goldkamp. „Deshalb ist es wichtig, Zeugen möglichst vor Ort anzusprechen und die Schadensregulierung zügig voranzutreiben.“

Nicht vorschnell die gegnerischen Versicherung kontaktieren

Welche Versicherung für welchen Schaden aufkommt, ist bei einem unstrittigen Unfallereignis eindeutig: „Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers übernimmt den Schaden des Unfallgegners. Die Vollkaskoversicherung übernimmt die Kosten für die Reparaturen am eigenen Auto“, erklärt Zunk. Erstattet werden jeweils die Reparaturkosten, bei Totalschaden der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts des Fahrzeugs.

Die Frage, wer einen Gutachter zur Bewertung des Unfallschadens bestellt, hängt von der Schuldfrage ab. „Wer selbst den Unfall verursacht hat und kaskoversichert ist, bekommt von seiner Versicherung einen Gutachter oder eine bestimmte Werkstatt für die Bewertung und Reparatur des Schadens benannt“, erklärt Bernd Grüninger von der Sachverständigenorganisation Dekra.

Wer selbst Geschädigter ist, habe grundsätzlich Anspruch auf den Gutachter seiner Wahl. Das von einem Sachverständigen erstellte Schadengutachten dient als Grundlage für die Regulierung des Schadens. Ist von einer „fiktiven Abrechnung“ die Rede, entscheidet sich der Geschädigte dazu, sich die voraussichtlichen Reparaturkosten auf Basis des Gutachtens ausbezahlen zu lassen, erklärt der Dekra-Experte. Im Anschluss kann der Geschädigte dann selbst darüber entscheiden, ob, wo und in welchem Umfang er den Schaden wirklich reparieren lassen möchte.

Um hier nicht auf mögliche Ansprüche zu verzichten, sollte ein Autofahrer nach einem Unfall sich nicht vorschnell mit der gegnerischen Versicherung auseinandersetzen. „Es reicht völlig aus, erst einmal die eigene Versicherung zu kontaktieren. Im Zweifel nimmt die dann auch Kontakt mit der gegnerischen Versicherung auf“, sagt Reichel.

Wer bei einem Unfall verletzt wird, kann von der gegnerischen Haftpflichtversicherung auch ein Schmerzensgeld einfordern. „Bei einem Halswirbelschleudertrauma, also dem klassischen steifen Nacken, liegt dies je nach Ausprägung zwischen 250 und 1000 Euro“, sagt Goldkamp. Denn anders als in den USA diene das Schmerzensgeld in Deutschland nicht dazu, den Schädiger zu bestrafen.

Bei schweren Verkehrsunfällen übernehmen die Haftpflichtversicherungen auch mehr. „Neben einem Schmerzensgeld oder Verdienstausfall können Schwerverletzte auch Leistungen für sogenannte "vermehrte Bedürfnisse" erhalten, worunter etwa auch der behindertengerechte Umbau eines Hauses oder Fahrzeugs fällt“, erklärt Zunk. Ziel sei es, dass das Leben nach einem Unfall dem früheren Leben so nahe wie möglich komme.

(dpa)
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