Was Löwenzahn mit Autoreifen zu tun hat

Forscher aus Münster wollen aus der Pflanze Kautschuk gewinnen.

Was Löwenzahn mit Autoreifen zu tun hat
Foto: Dirk Thomé

Münster. Was haben Pusteblumen mit Autos zu tun? Derzeit noch nicht viel — das könnte sich aber bereits bis Ende 2015 ändern. Wenn es nach der Vision der Forscher des Frauenhofer-Institus für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie in Münster sowie der des Autozulieferers Continental geht, rollen dann Wagen auf Rädern, die aus Löwenzahn-Kautschuk gefertigt sind.

Ganz neu ist die Idee nicht. Bereits im Zweiten Weltkrieg versuchten deutsche Forscher aus dem Saft der — im Russland-Feldzug erbeuteten — russischen Variante des Löwenzahns (Taraxacum kok-saghyz Rodin) Kautschuk zu gewinnen — die gleiche Pflanze bildet nun auch die Grundlage der Forschung in Münster. Die heimische Pusteblume eignet sich dazu nicht.

Anders als in den 40er Jahren stehen den Forschern heute aber Mittel der Molekularbiologie zur Verfügung. „Mit Hilfe von DNA-Markern wissen wir nun, welches Gen für welches molekulare Merkmal verantwortlich ist“, erklärt Professor Dirk Prüfer, Projektleiter in Münster. Damit sei die Züchtung besonders ertragreicher Pflanzen wesentlich effizienter möglich. Der Löwenzahn wird dabei nicht gentechnisch verändert, sondern nur so ausgewählt, dass neue Sorten mit höherem Kautschukanteil in der Wurzel durch Zuchtwahl entstanden sind.

Was für Continental den Ausschlag gibt, sich an einer Pilotanlage in Münster zu beteiligen, erklärt Firmen-Pressesprecher Klaus Engelhart so: „Das hat mit den Rohstoff-Preisen zu tun. Wir wollen uns unabhängiger machen.“

Vor allem von den nicht heimischen Produzenten von Naturkautschuk aus Gummibaum, der nur in den subtropischen Breiten Asiens, Mittelamerikas und Afrikas gedeiht. Und der Bedarf an dem Rohstoff, der zu 70 Prozent für Autoreifen verwendet wird, wird steigen.

Im Labor sei es bereits gelungen, hochwertigen Naturkautschuk aus Löwenzahn herzustellen, sagt Professor Rainer Fischer vom Aachener Standort des Fraunhofer-Instituts. Continental-Sprecher Engelhart hofft nun, dass man noch im kommenden Jahr einen Versuchsreifen erhalte, der dann getestet werden könne. Wie die Reifen, die derzeit auf dem Markt sind, wird es sich dabei dann um eine Mischung aus Natur- und künstlich hergestelltem Kautschuk handeln.

Der natürliche bietet gegenüber dem chemisch hergestellten dabei einige Vorteile, unter anderem ist er in Winterreifen für die bessere Haftung auf Schnee verantwortlich. Eine Markteinführung ist noch Zukunftsmusik: Dafür gibt es noch keine Perspektive, sagt Engelhart.

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