Rückblick Warum das Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich nur 13 Monate in Betrieb war

Mainz · Das Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich war nur 13 Monate in Betrieb. Der Rückbau ist nach Abriss des Kühlturms längst nicht abgeschlossen.

 Das Kühlturmsegmentdes Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich ist hinter der Mülheimer Pfarrkirche Maria Himmelfahrt zu sehen. Das Atomkraftwerk war nur 13 Monate in Betrieb.

Das Kühlturmsegmentdes Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich ist hinter der Mülheimer Pfarrkirche Maria Himmelfahrt zu sehen. Das Atomkraftwerk war nur 13 Monate in Betrieb.

Foto: dpa/Thomas Frey

Nach dem Wegbrechen letzter Stützen ist am Freitag der Kühlturm des stillgelegten Atomkraftwerks im rheinland-pfälzischen Mülheim-Kärlich kontrolliert eingestürzt. Mit einer Höhe von 162 Metern war der Turm einst fünf Meter höher als der Kölner Dom. Doch der Rückbau des gesamten Meilers ist längst noch nicht abgeschlossen. Ein Überblick zur Geschichte des Kraftwerks:

ENDE DER 60ER JAHRE

Die Planungen für ein Atomkraftwerk im Norden von Rheinland-Pfalz beginnen. Die Planer entscheiden sich für Mülheim-Kärlich als Standort.

1975

Der Bau des Atomkraftwerks beginnt. Aufgrund zahlreicher Klagen von angrenzenden Kommunen und Privatleuten kommt es immer wieder zu Verzögerungen. Der Standort der Gebäude wird ohne eine zweite Genehmigung um 70 Meter verschoben, weil die Bauten auf einer unterirdischen Verwerfungslinie gestanden hätten. Im Neuwieder Becken, in dem das Kraftwerk gebaut wurde, stoßen zwei tektonische Platten aneinander. Es kommt dort aus diesem Grund häufiger zu kleinen Erdbeben.

20. DEZEMBER 1979

Das Bundesverfassungsgericht weist die Beschwerde einer Anwohnerin zurück, die mit dem Bau des Atomkraftwerks ihr "Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit" verletzt sieht. Nach Ansicht des Gerichts ist die "Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken" von der Verfassung gedeckt.

14. MÄRZ 1986

Elf Jahre nach Baubeginn ist das Atomkraftwerk fertiggestellt und geht in einen Probebetrieb. Der kommerzielle Betrieb beginnt am 1. August 1987.

9. SEPTEMBER 1988

Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin hebt die erste Teilgenehmigung von 1975 auf. Unmittelbar danach kommt die Anweisung, den Reaktor herunterzufahren. Nach nur 405 Tagen wird das Kraftwerk wieder abgeschaltet.

JULI 1990

Die Landesregierung in Mainz erteilt eine neue Teilgenehmigung. Sie scheitert im Januar 1998 in letzter Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das Kernkraftwerk bleibt jedoch weiterhin betriebsbereit.

14. JUNI 2000

Der Betreiber RWE beschließt die endgültige Stilllegung des Kraftwerks. Bei den Verhandlungen mit der Bundesregierung wird dem Meiler die Reststrommenge zugestanden, die das Kraftwerk in zehn Jahren produziert hätte. Die Menge soll auf andere Kraftwerke umverteilt werden.

2002

Die letzten Brennelemente werden entfernt und zur Aufbereitung ins französische La Hague gebracht.

16. JULI 2004

Der Rückbau beginnt. Nach und nach werden alle Gebäudeteile entkernt.

JUNI 2018

Ein automatischer Roboter beginnt damit, den Kühlturm von oben herab abzureißen.

9. AUGUST 2019

Die letzten 80 Meter des Kühlturms stürzen kontrolliert ein. Dazu werden die Stützen entfernt, von denen er zuletzt nur noch getragen wurde.

2029

Laut Planungen soll der Rückbau der Anlage in etwa zehn Jahren abgeschlossen sein. Das Gelände soll im Anschluss gewerblich genutzt werden.

(AFP)
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