Viel Synthetik bei der DDR-Modenschau

Leipzig (dpa) - Ostalgische Modenschau: Das traditionsreiche Ring-Café in Leipzig zeigt Alltags- und Festtagsmode aus der DDR. Viele können sich noch gut daran erinnern: Synthetische Kleidung aus Malimo, Dederon und Co.

„Es kratzt und krabbelt ganz schön an den Ärmeln“, beschreibt Maria Fiedler den Stoff des langen Kleides, das sie für eine Modenschau angezogen hat. Das Abendkleid sieht fesch aus und glitzert. Geometrische Formen fügen sich zu Blumen und Blättern zusammen. Sie sind grün, gelb, schwarz-weiß und rot. Das Material liegt nicht sehr angenehm auf der Haut: Es ist Lurex, also Garn aus metallisierten Fasern - das schrubbt. Die 21-Jährige zeigt zusammen mit elf anderen Models Originalmode aus der DDR im Leipziger Ring-Café - einst das größte Tanzlokal der Deutschen Demokratischen Republik. „Damals war's“ nennt sich die Ostalgie-Schau.

Die Models - sie kennen die DDR meist nur aus Erzählungen - zeigen auf einem zwanzig Meter langen Laufsteg eine große Auswahl an Kleidern, Röcken, Blusen und Anzügen aus dem alten Osten. Die Farbpalette reicht von gedeckten Brauntönen bis zu auffälligem Rot. Richtig knallige Farben wie Pink sind bei der Kleidung aus den 1950ern bis 1980ern aber nicht zu finden. Ring-Café-Betreiberin Birgit Heßler hatte für die Schau im Sommer zu Kleiderspenden aufgerufen. Hunderte Kleidungsstücke kamen zusammen. „Früher fanden hier getanzte Modenschauen statt, wir wollen die Tradition wahren.“

Weit verbreitete Materialen der DDR-Mode waren Dederon, Malimo, Präsent 20 oder Lurex - also sehr viel Synthetik. „In der DDR wurde ganz viel Polyesterfaser verwendet, weil Baumwolle teuer war“, sagt DDR-Modeexpertin Katrin Sohl vom Stadtgeschichtlichen Museum in Leipzig. Kleidung aus synthetischen Stoffen hatte zudem den Vorteil, lange haltbar und leicht in der Pflege zu sein. „Die war unverwüstlich, die hat man heute noch“, sagt Sohl. Der Nachteil: Man schwitzt meist ziemlich schnell darin.

Auch Cafè-Betreiberin Heßler trägt zur Schau DDR-Mode aus dem eigenen Kleiderschrank - ein rot-blaues Kleid, in das sie noch passt. „Es ist 31 Jahre alt, meine Mutter hat es mir genäht“, sagt die 54-Jährige. Ihre Mutter benutzte wie viele Frauen damals einen Schnittmusterbogen der Modezeitschrift „Sybille“.

Das Interesse an Ostalgie-Shows sei sehr groß, gerade bei der „reiferen Jugend“, wie Heßler ihre Stammgäste nennt - in der Mehrzahl Frauen über 60. „Die Leute haben viele schöne Erinnerungen.“

Emma Charlott Ulrich ist mit dem Kleid, das sie vorstellt, sehr zufrieden. „Es ist sehr luftig“, sagt die 19-jährige Leipzigerin über das kurze Sommerkleid mit Rüschen aus Dederon - im Westen besser bekannt als Nylon. Die Dederon-Kittelkleider hatten Kultstatus in der DDR. Die Ost-Modenschau nimmt nicht nur ältere Semester mit auf eine Zeitreise. Auch die jungen Models sind begeistert. „Ich find's echt cool. Das sind Sachen, die meine Mutter und Oma getragen haben“, sagt Maria Fiedler, die rote Schuhe ihrer Mutter trägt. Diese hatten 90 Ostmark gekostet.

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