Urteil: Mordplan einer Einser-Schülerin

16-Jährige muss nach ihrem gescheiterten Amoklauf für fünf Jahre in ein Jugendgefängnis.

Bonn. Mit einem japanischen Kurzschwert wollte sie einen Lehrer niederstechen. Mit selbst gebauten Molotowcocktails wollte sie Feuer in den Klassenzimmern ihrer Schule legen und die Unterrichtsräume anschließend von außen verschließen.

In letzter Sekunde wurde am 11. Mai der Amoklauf im Albert-Einstein-Gymnasium in St. Augustin vereitelt. Sechs Monate später das Urteil: Die 8. große Strafkammer des Bonner Landgerichts verurteilte die 16-Jährige am Dienstag in nicht öffentlicher Verhandlung zu fünf Jahren Jugendstrafe.

Die Kammer hielt die Jugendliche des versuchten Mordes, der gefährlichen Körperverletzung sowie des Verstoßes gegen das Waffengesetz für schuldig. Eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik kam für das Gericht nicht infrage. Es stufte die Schülerin als voll schuldfähig zum Zeitpunkt der Tat ein.

Die 16-Jährige hatte den Amoklauf nach Erkenntnis des Gerichts genau geplant und vorbereitet. Probleme im häuslichen und schulischen Umfeld waren Auslöser für die Tat. Die Einser-Schülerin fühlte sich einsam und missverstanden, hieß es in der Urteilsbegründung.

So habe sie schließlich den Plan für einen Amoklauf gefasst, sie wollte angeblich mindestens 50 Menschen töten. Im Internet chattete sie über Amokläufe, bestellte über das Netz auch das Schwert, dann entwendete sie dem Vater die Gaspistole und baute aus mit Benzin gefüllten Flaschen elf Molotowcocktails.

Am 11. Mai war es dann soweit. An diesem Tag ging sie in der Schule zunächst in die Toilettenräume, um sich zu maskieren. Dabei wurde sie von der damals 17 Jahre alten Mitschülerin Anna P. überrascht. Sie griff diese - wie die Angeklagte im Geständnis sagte - mit dem Schwert an, um sie zu töten.

Die Angegriffene wehrte den Stich zwar mit den Händen ab, wurde dabei jedoch schwer verletzt. Das Schwert durchtrennte Muskeln und Sehnen an beiden Händen, ein Daumen wurde fast vollständig abgetrennt.

Die 17-Jährige konnte vor ihrer Angreiferin fliehen. Ihr gelang es sogar noch, einen Lehrer zu alarmieren. Die Täterin verließ nach einem gescheiterten Selbstmordversuch das Schulgelände und stellte sich abends in Köln der Polizei, von wo sie in die Jugendpsychiatrie gebracht wurde.

In der Frage der Schuldfähigkeit fielen die Einschätzungen der beiden vom Gericht bestellten Gutachter unterschiedlich aus. Während ein Gutachten eine verminderte Schuldfähigkeit attestierte, war das in dem anderen nicht der Fall. Das Gericht hielt die Angeklagte zur Tatzeit für schuldfähig.

Es schloss sich aber den beiden Gutachten an, die übereinstimmend eine gestörte Entwicklung der Persönlichkeit attestierten. Es sei nicht auszuschließen, dass die Schuldfähigkeit zur Tatzeit erheblich eingeschränkt gewesen sei, hieß es daher in der Urteilsbegründung. Allerdings sei umgekehrt eine Einschränkung der Steuerungsfähigkeit insbesondere angesichts der langfristigen Planung auch nicht festzustellen.

Bei der Strafbemessung hielten die Richter der Angeklagten ihr umfassendes Geständnis zugute, das sie am ersten der acht nicht öffentlichen Verhandlungstage abgelegt hatte. Sie verpflichtete sich auch eine Schadenswiedergutmachung an ihr heute 18J ahre altes Opfer im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs zu zahlen.

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