Selbsthilfe gegen Kamera-Drohne Drohne über dem Garten – ist der Abschuss erlaubt?

Düsseldorf/Riesa · Analyse Ein Amtsgericht hat das Selbsthilferecht weit ausgelegt. Doch ein „Feuer frei“ bedeutet das Urteil nicht.

 Nervig oder auch bedrohlich wirken ferngesteuerte Drohnen.

Nervig oder auch bedrohlich wirken ferngesteuerte Drohnen.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

In fünf Metern Höhe schwebte die Drohne über dem Garten, in dem sich ein  Familienvater mit seinen beiden Töchtern aufhielt. Diese hatten Angst. Und er wollte das Aufnehmen von Fotos durch die Drohne verhindern. So schilderte er es vor Gericht. Dass er dort erscheinen musste, liegt daran, dass er schließlich zur Selbsthilfe griff: Mit seinem Luftgewehr schoss er die Drohne ab. Woraufhin ihn der Nachbar, der das Fluggerät vom Nachbargrundstück aus gelenkt hatte, auf 1500 Euro Schadensersatz verklagte. Das musste entscheiden: Durfte der Mann „Selbstjustiz“ üben? Schließlich hätte es auch andere Handlungsalternativen gegeben.

Drohnenpiloten können
sich sogar strafbar machen

Da ist zum einen der § 201a Strafgesetzbuch, der einen Drohnenpiloten sogar mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedroht. Wenn er Aufnahmen „von einer anderen Person macht, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet“. Ein durch Hecken gegen Einblicke gesicherter Garten dürfte ein solcher geschützter Rückzugsraum sein. Daher hätte der Familienvater Strafanzeige erstatten können und den Drohnenpiloten so wenigstens nachträglich zur Raison bringen können. Auch droht ein behördliches Bußgeld, wenn gegen § 21b der Luftverkehrsordnung verstoßen wird. Danach ist der Überflug mit einem „unbemannten Luftfahrtsystem“ verboten, wenn dieses über einem Wohngrundstück eingesetzt wird, und es in der Lage ist, Aufzeichnungen (optisch oder akustisch) zu machen. Schließlich kann der durch einen Drohnenüberflug Beeinträchtigte auch noch einen Unterlassungsanspruch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch durchsetzen.

All diese Mittel der Gegenwehr  können freilich nur funktionieren, wenn man des Täters habhaft wird. Wenn man weiß, wer die Drohne lenkt. Was nicht so einfach ist, weil die Reichweite des Signals, mit dem die Drohne gesteuert wird, so groß sein kann, dass der Täter unentdeckt bleibt. In dem geschilderten Fall hatte lautes Rufen nach dem in der Nähe vermuteten Drohnenpiloten nicht gefruchtet. Und das Löschen von möglicherweise bereits angefertigten Fotos oder Videos hätte nach einem Abdrehen der Drohne kaum noch durchgesetzt werden können.

Vor diesem Hintergrund kann man also durchaus auf den Gedanken kommen, sein Recht im Alleingang durchzusetzen. Schließlich sieht auch das Bürgerliche Gesetzbuch ein solches Recht in § 229 vor. Dort heißt es: „Wer zum Zwecke der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt…handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde.“

Wie das Amtsgericht Riesa entschied und was das bedeutet

Eben diese Voraussetzung sah das Amtsgericht Riesa (Sachsen) als gegeben an. Zwar wäre ein Auffordern des Drohnenpiloten, sein Tun zu beenden,  das mildere Mittel gewesen, doch war dieser für den Familienvater ja nicht erkennbar. Auch die vor Gericht diskutierte Alternative, er und seine Familie hätten doch ins Haus gehen können, sei nicht praktikabel gewesen. Dann wäre die Löschung eventuell bereits von der Drohne gemachter Aufnahmen nicht durchsetzbar gewesen.

Das Amtsgericht Riesa gab daher dem Luftgewehrschützen recht und wies die Schadensersatzklage des Drohnenpiloten ab. Dennoch darf das Urteil nicht als ein „Feuer frei“ für alle diejenigen missverstanden werden, die sich durch  eine Drohne über ihrem Grundstück belästigt fühlen. Zum einen ist es ein erstinstanzliches Urteil, andere Amtsgerichte und höhere Instanzen könnten anders entscheiden. Auch ist es für einen Laien nicht eindeutig, ob eine Drohne vielleicht zu Recht das Grundstück überfliegt, etwa bei behördlichen Flügen für Vermessungsaufgaben.  Schließlich ist nicht von vornherein klar, ob die Drohne überhaupt eine Kamera hat. Und: Der durch einen Abschuss herbeigeführte Absturz einer mehrere Kilogramm schweren Drohne birgt Risiken, die für den Schützen kaum kontrollierbar sind.

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