Uni Münster: Trotz Notenschnitt 1,0 müssen Bewerber zum Mediziner-Test

An der Uni Münster zählt nicht nur die Note der Bewerber. Sie müssen auch einfühlsam mit Patienten umgehen.

Münster. Wer in Münster Medizin studieren möchte, braucht nicht nur ein sehr gutes Abitur oder viel Geduld. Er muss sich auch in einem eintägigen Auswahltest behaupten. Dieses Verfahren hat die medizinische Fakultät vor einem Jahr eingeführt, nachdem selbst Bewerber mit einem Notendurchschnitt von 1,0 keine Garantie für einen Studienplatz bekamen. „Innerhalb von fünf Jahren hat sich die Zahl der Bewerber mit einem solchen NC bei uns mehr als verachtfacht“, berichtet Studiendekan Bernhard Marschall.

Seit dem Pilotversuch im letzten Sommer dürfen 160 Bewerberinnen und Bewerber zum Winter- und auch zum Sommersemester an dem hochschulinternen Auswahlverfahren teilnehmen. Rund die Hälfte von ihnen bekommt am Ende einen Platz. Dafür müssen die Kandidaten ihre Prüfer in drei Bereichen überzeugen. Sie müssen ein plausibles Motivationsschreiben verfassen, einen medizinisch-naturwissenschaftlichen Test gut bestehen, und einen Praxis-Parcours mit verschiedenen Aufgaben meistern. Das ist der wichtigste und zugleich schwierigste Teil.

An zehn Stationen bewerten jeweils zwei Juroren die einzelnen Bewerber. Dabei überprüfen sie nicht nur, ob der Kandidat adäquat auf Fachwissen zurückgreift, über das er sich zuvor informieren sollte. Vielmehr beobachten sie, wie gut der Wunsch-Mediziner mit einem Simulationspatienten umgehen kann. Eine Aufgabe besteht zum Beispiel darin, einem Patienten nach einer Operation das Essen zu reichen.

„Es geht nicht einfach nur darum, dass sich der Bewerber nett unterhalten kann“, sagt Studiendekan Marschall. Er und seine Kollegen wollen sehen, dass der Kandidat in den Spielszenen aufmerksam zuhört, einfühlsam ist, und ernsthaft mit einem Patienten spricht. So, wie er sich später auch als Arzt verhalten sollte.

Die Studierenden beurteilen den Eignungstest, dessen Ergebnis mit der Abi-Note verrechnet wird, skeptisch. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass der Test ein besserer Indikator „für einen erfolgreichen Studienabschluss und eine erfolgreiche Berufsausübung sind als die Abiturnote allein“, so die Fachschaft Medizin. Außerdem sei der Aufwand bei den Testverfahren sehr hoch, ohne dass die notwendige Abiturnote deutlich sinken würde. So lag die geforderte Abiturnote im vergangenen Wintersemester bei 1,2 und im Sommersemester bei 1,5.

Der Fakultät gehe es auch gar nicht darum, die Durchschnittsnote als Auswahlkriterium zu entwerten, sagt Dekan Marschall. „Ich bin kein Fan von der Verteuflung der Abitur-Note.“ Top-Abiturienten hätten mit ihrer Leistung bewiesen, dass sie diszipliniert lernen könnten und zugleich kommunikativ seien. Immerhin müssten sie sich für einen sehr guten Abschluss aktiv am Unterricht beteiligen. Er sieht den Vorteil des Aufnahmetests bei der Vorabauswahl. „Nicht jeder möchte sich einem solchen Wettbewerb stellen.“ Dabei sei die Leidenschaft für den Beruf nach wie vor das A und O.

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