TV-Sternchen trotzt den Mullahs

Erst brach sie bei „Big Brother“ Tabus. Jetzt bietet Veena Malik den mächtigen Islamisten durch harte Worte die Stirn.

Lahore. Wer Veena Malik treffen will, braucht gute Nerven oder viel Zeit. Für mittags war das Interview vereinbart. Doch bei der Ankunft in ihrem Haus, in einer exklusiven Gegend in der ostpakistanischen Metropole Lahore, heißt es: Veena Malik schläft noch.

Nachdem sie erwacht ist, dauert es weitere eineinhalb Stunden, bis sie erscheint. Die 26-Jährige — das ist das Alter, das sie selbst angibt — musste sich noch stylen. Malik gehört nicht zur intellektuellen Elite Pakistans, und doch ist sie für die Liberalen des Landes zu einer Art Ikone geworden.

Der Grund dafür ist ihr Auftritt bei „Bigg Boss“, Indiens Variante der Fernsehshow „Big Brother“. Zwölf Wochen verbrachte Malik im „Bigg-Boss“-Haus im indischen Mumbai (früher Bombay), isoliert von der Außenwelt.

Während die Muslimin mit einem indischen Schauspieler unter einer Decke kuschelte und im Badeanzug im Pool schwamm, echauffierten sich Islamisten in ihrer Heimat über das aus ihrer Sicht unzüchtige Verhalten. Die schamlose Schauspielerin, so kritisierten sie, habe den Islam und Pakistan beleidigt.

Als Malik das TV-Haus verließ, erfuhr sie von Todesdrohungen gegen sie. „Die Reaktionen waren furchtbar, und ich war wirklich geschockt“, sagt sie. „Meine Familie sagte mir: ’Komme nicht zurück nach Pakistan.’“ Freunde ließen sie fallen. Dann aber änderte sich die Lage plötzlich — mit einem Auftritt Maliks in einer Talkshow, zu der auch ein islamischer Geistlicher eingeladen war.

Malik putzte den Islamisten öffentlich herunter. Pakistan habe nicht ihretwegen einen schlechten Ruf, sagte das Starlet dem Geistlichen, sondern wegen des Terrors im Land.

„Ich habe ihn gefragt: Wenn Ihnen die Show nicht gefallen hat, warum haben Sie dann nicht den Kanal gewechselt?“ Ohnehin hätte er als guter Muslim die Show gar nicht erst anschauen dürfen, wenn sie aus seiner Sicht so sündig gewesen sei. Plötzlich bekam Malik Zuspruch.

„Niemand sonst ist mutig genug, die Stimme zu erheben“, sagt die Schauspielerin, der es an Selbstbewusstsein nicht mangelt. „Ich bin zum Helden der liberalen Menschen in Pakistan geworden.“ Das mag etwas dick aufgetragen sein, doch selbst ausländische Diplomaten, die die Radikalisierung Pakistans mit großer Sorge beobachten, zollen der jungen Frau Respekt.

Malik sagt, sie wolle die Doppelmoral der von Männern dominierten muslimischen Gesellschaft ans Licht bringen. „Wenn Frauen untreu sind, dann schütten sie ihnen Säure ins Gesicht, wenn ein Typ fremdgeht, dann lassen sie ihn in Frieden“, sagt sie.

Ihr Mut bringt ihr viele Angebote aus dem Showbusiness ein, doch er macht auch einsam. Wegen der Morddro- hungen wechselt sie die Häuser, in denen sie übernachtet, beschützen lässt sie sich von privaten Wachmännern.

„Manche Leute würden es gern sehen, wenn ich getötet würde“, meint die junge Frau. Die Liberalen im Land seien nur eine kleine Minderheit. „Sie sind verängstigt und schweigen.“

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