Tauziehen um einen legendären US-Verbrecher

Lissabon (dpa) - Eine hollywoodreife Story ärgert die USA: Der US-Gangster George Wright, der nach 41-jähriger Flucht vor sieben Wochen in Portugal gefasste wurde, ist wieder auf freiem Fuß.

Das Oberlandesgericht in Lissabon verweigerte nämlich am Donnerstag die Auslieferung des inzwischen legendären 68-Jährigen. Es hob den Hausarrest des verurteilten Mörders und Flugzeugentführers auf. Man sei „extrem enttäuscht“, werde aber nicht aufgeben, erklärte die US-Botschaft, die Berufung beim Obersten Gericht einlegen kann.

Wright, der in Portugal eine Frau und zwei Söhne im Teenageralter hat, sagte unterdessen im Büro seines Anwalts, er sei „sehr happy“. Er habe als junger Mann für die Gleichheit der Schwarzen gekämpft. „Ich habe Fehler gemacht, wie jeder junge Mann, aber ich habe niemanden getötet“, beteuerte er. „Was wir seinerzeit gemacht haben, hat (US-Präsident Barack) Obama den Weg geebnet, und nun will er mich festnehmen“, klagte der hochgewachsene dunkelhäutige Mann.

Ein Gerichtssprecher sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Lusa, Wright sei seit Jahren portugiesischer Staatsbürger. Deshalb habe selbst die Staatsanwaltschaft gegen die Auslieferung plädiert. Die US-Botschaft akzeptierte diese Begründung nicht und ließ wissen, man werde mit den portugiesischen Behörden Gespräche führen, damit das bilaterale Auslieferungsabkommen respektiert und Wright doch übergeben werde. Die US-Behörden wollen, dass er den Rest seiner Haftstrafe von 15 bis 30 Jahren in den USA absitzt und eventuell wegen der Flugzeugentführung erneut vor Gericht gestellt wird.

Wright war einer der meistgesuchten Kriminellen der USA. Er war seit dem 19. August 1970 auf der Flucht gewesen. An dem Tag war der Mann mit drei Mithäftlingen aus einem Gefängnis im US-Bundesstaat New Jersey ausgebrochen. Sieben Jahre zuvor war Wright wegen Mordes verurteilt worden, weil er an einem Überfall auf eine Tankstelle teilgenommen hatte, bei dem ein Mann getötet worden war. Am 26. September wurde er in seinem Haus gefasst.

George Wrights lebte wie im Film: Zwei Jahre nach seinem Ausbruch nahm er nach Angaben der US-Behörden an der Entführung eines Flugzeugs von Detroit nach Miami teil. Er und seine Komplizen verlangten für die Freilassung der Passagiere ein Lösegeld von einer Million Dollar. Nachdem die Passagiere von Bord gegangen waren, erzwangen die Entführer den Weiterflug nach Boston und Algerien, wo sie auf freien Fuß gesetzt wurden. Im Mai 1976 wurden die Komplizen Wrights in Paris festgenommen und später verurteilt.

Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre lebte Wright zunächst in Guinea-Bissau. In der ehemaligen portugiesischen Kolonie arbeitete er als Basketball-Coach. Ende der 1980er Jahre siedelte er nach Portugal über. In Colares, 30 Kilometer nordwestlich von Lissabon, lebte er unauffällig unter dem Namen José Luis Jorge Dos Santos, arbeitete als Maler und Restaurantbetreiber und war bei Nachbarn sehr beliebt.

„Er ist super nett und zuverlässig, ich bin sehr überrascht“, sagte eine Nachbarin nach der Festnahme im September. Wright meinte nun, er befürchte immer noch eine Auslieferung. Aber sein Anwalt Luis Ferreira ist zuversichtlich, dass sein Mandant den Rest seines Lebens in Freiheit wird genießen können. „Die USA können wohl nicht verstehen, dass die Justiz in Portugal von der Politik unabhängig ist“, sagte er dem Radiosender TSF.

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