Streit um Entschädigung nach „Concordia“-Havarie

Rom/Marl (dpa) - Überlebende des „Concordia“-Schiffunglücks sollen von der Reederei eine Entschädigung von je 11 000 Euro bekommen. Eine italienische Verbraucherorganisation übt Kritik an den „Almosen“.

Überlebende und Hinterbliebene planen unterdessen eine Sammelklage in den USA.

Ob eine solche Entschädigungsvereinbarung auch für deutsche Reisende des Unglücksschiffes gelten könnte, war zunächst unklar. Die Einigung betrifft allerdings ausdrücklich nicht die Familien der Opfer und verletzte Passagiere, erklärte Astoi Confindustria. Dieser Schritt genügt vielen nicht. Überlebende und Hinterbliebene wollen sich zu einer Sammelklage in den USA zusammenschließen. Und in Italien entbrannte ein Streit um die angekündigten Entschädigungszahlungen.

So wendet sich die italienische Verbraucherorganisation Codacons gegen die pauschale Entschädigungs-Summe. Sie forderte alle Passagiere auf, „diese Almosen nicht zu akzeptieren“. Der einzige Weg, zu einer angemessenen Entschädigung zu kommen, sei die unter anderem von Codacons angestrebte Sammelklage in Italien und den USA. An der Sammelklage in den USA sollen sich auch mindestens 16 Deutsche beteiligen wollen. „Angedacht sind 160 000 Dollar für Überlebende und eine Million aufwärts für Verstorbene“, sagte der Rechtsanwalt Hans Reinhardt am Freitag in Marl und bestätigte Angaben auf „bild.de“. Er vertrete bisher 15 Überlebende und den Sohn einer getöteten Reisenden. Weitere Hinterbliebene überlegten, ob sie sich anschließen. „Wir arbeiten mit einer amerikanischen Kanzlei in New York zusammen“, sagte Reinhardt.

Auch am Freitag suchten Taucher am Wrack der „Costa Concordia“ nach Vermissten. Nach wie vor gelten etwa 20 Menschen als verschollen, darunter acht Deutsche. 16 Tote wurden bislang geborgen. Vier von ihnen kommen nach Angaben des Auswärtigen Amts aus Deutschland.

Wie am Freitag bekannt wurde, kam auch ein Passagier aus Ibbenbüren in Nordrhein-Westfalen ums Leben. Das Bundeskriminalamt habe bestätigt, dass die Leiche des 72-jährigen Mannes identifiziert worden sei, sagte ein Sprecher der Kreispolizei Steinfurt. Der Mann war mit seiner 68 Jahre alten Ehefrau auf der „Costa Concordia“ gewesen. Zum Schicksal der vermissten Frau gebe es noch keine neuen Erkenntnisse, sagte der Polizeisprecher. Zuvor waren ein 74-jähriger Mann aus Hessen, eine 52 Jahre alte Frau aus Mittelfranken und ein Berliner identifiziert worden.

Die 11 000 Euro Entschädigung für verlorene Wertgegenstände, Gepäck, seelische Beeinträchtigung infolge der Havarie und den für die Kreuzfahrt bezahlten Preis „liegt über den Entschädigungsgrenzen internationaler Vereinbarungen und der gültigen Gesetze“, heißt es in der Mitteilung des Reiseindustrieverbands Astoi Confindustria. Wer auf das Angebot eingehe, müsse sich verpflichten, nicht gegen Costa zu klagen.

An Bord der gekenterten „Costa Concordia“ waren etwa 4200 Menschen, darunter 560 Deutsche. Die Entschädigung soll den Angaben zufolge auch für Kinder bezahlt werden, die kostenlos dabei gewesen seien, so dass ein Ehepaar mit zwei Kindern 44 000 Euro erhalten könnte. Der Reederei sei daran gelegen gewesen, das durch die Havarie entstandene Image nicht noch weiter zu verschlechtern, schrieb die römische Tageszeitung „La Repubblica“. Die Havarie werde die Reederei alles in allem Hunderte von Millionen Euro kosten.

Gleichzeitig wollten die Bergungsexperten des Unternehmens Smit letzte Vorbereitungen für das vom Wochenende an geplante Abpumpen der etwa 2300 Tonnen Treibstoff auf den Schiffstanks abschließen. Der für Samstag vorgesehene Beginn der Aktion verschiebe sich noch einmal um einige Stunden, sagte Krisenstabsleiter Franco Gabrielli am Freitag.

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