Stichwahlen: CDU zwischen Hoffen und Bangen

Union tut sich in den Großstädten schwer. Fällt jetzt auch Düsseldorf?

Stichwahlen: CDU zwischen Hoffen und Bangen
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Düsseldorf. Beim Finale der Kommunalwahl am Sonntag schweben die Christdemokraten in der Region zwischen Hoffen und Bangen: In Düsseldorf, wo es SPD-Kandidat Thomas Geisel überraschend in die Stichwahl schaffte, droht Dirk Elbers der Verlust seines OB-Postens. In Mönchengladbach dagegen rechnet sich CDU-Herausforderer Hans Wilhelm Reiners durchaus Chancen aus, Amtsinhaber Norbert Bude (SPD) aus dem Rathaus zu bugsieren. Nur in Remscheid geht Burkhard Mast-Weisz (SPD) als klarer Favorit gegen Jochen Siegfried (CDU) in den zweiten Wahlgang.

Auffallend ist: Die Christdemokraten mussten in den vergangenen Jahren in zahlreichen großen Städten den Chefsessel im Rathaus abgeben. So zum Beispiel in Köln, Essen, Duisburg, Gelsenkirchen, Frankfurt am Main, Stuttgart, Hamburg oder auch Wiesbaden. Schon seit einigen Jahren fragen sich Experten innerhalb und außerhalb der Volkspartei, warum die CDU in größeren Städten nicht so punkten kann wie im ländlichen Raum.

„Die CDU tut sich nach wie vor schwer in den Großstädten“, bestätigt der Düsseldorfer Politikwissenschaftler Sebastian Bukow. „Die CDU hat ein Problem, weil sie natürlich auch im städtischen Bereich Wahlen gewinnen will. Wer den Anspruch an sich stellt, flächendeckend stark zu sein, kann den nicht erfüllen, wenn er im städtischen Bereich in mehreren Fällen zurückfällt.“

Bei Kommunalwahlen gehe es in erster Linie um den Kandidaten, erst danach um die Partei, sagt Bukow vor den Stichwahlen an diesem Sonntag. Bundesweit wird man gespannt auf Düsseldorf blicken: Sollte CDU-Oberbürgermeister Dirk Elbers gegen seinen SPD-Herausforderer Thomas Geisel verlieren, würden die Christdemokraten unter allen 16 Landeshauptstädten nur noch in Dresden den OB stellen.

Sebastian Bukow, Politikwissenschaftler

„Das wäre natürlich schmerzhaft und unschön fürs Prestige“, meint Bukow, der auch Sprecher des Arbeitskreises Parteienforschung in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft ist. Allerdings sagt Bukow auch deutlich: „Es ist ja keineswegs so, dass diese Städte für die CDU für alle Zeit verloren wären.“

Das Rennen am Rhein ist offen. Elbers hatte Ende Mai nach einer Fettnäpfchen-Serie 46,1 Prozent geholt, Geisel war auf überraschend starke 37,9 Prozent gekommen. „Es sieht so aus, als ob die SPD einen Nerv der Wähler getroffen hätte, nämlich dass Wohnraum sehr teuer ist in Düsseldorf“, sagte Politikwissenschaftler Andreas Blätte von der Universität Duisburg-Essen im WDR unmittelbar nach der Wahl.

Dass die CDU in den großen Städten im Vergleich zum ländlichen Raum weniger gut abschneide, sei kaum überraschend, meint der Berliner Professor für Zeitgeschichte, Paul Nolte. „Das wird auch immer so bleiben.“ Denn: „Großstädte sind Anziehungspunkte einer nicht unbedingt CDU-affinen Bevölkerung: linker, bunter, säkularer.“ Nolte, der einst in einer CDU-Reformkommission mitgearbeitet hatte, sieht die Stadt-Land-Differenz für die CDU längst nicht so stark ausgeprägt wie in anderen Ländern.

Die Öffnung und Modernisierung unter Angela Merkel habe sich als erfolgreich erwiesen — damit habe man die CDU in den Städten doch „im Spiel gehalten“, sagt Nolte. Die CDU „kann auch gar nicht gesellschaftspolitische Avantgarde sein wollen, sie sollte vielmehr Fortschritt und Tradition zu vermitteln versuchen“.

Auch Bukow betont, es sei Bewegung in die Volkspartei gekommen, in der Gesellschafts- oder Familienpolitik etwa. Den Markenkern anzutasten, wäre falsch. In den Großstädten sei es auch schwierig für die CDU, weil sie dort stark mit den Grünen um Wähler aus dem bürgerlichen Milieu konkurriere. In Freiburg oder auch am Prenzlauer Berg in Berlin machten viele Bürger aus der etablierten Mittelschicht ihr Kreuzchen eben auch bei den Grünen.

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