Stein, Schere, Papier wird Wettkampfsport mit Showcharakter

Schnick-Schnack-Schnuck wird zum Wettkampfsport. In Köln werden bereits Turniere ausgerichtet.

Köln. Sie blicken sich direkt in die Augen. Sekundenlang. Keiner der beiden Kontrahenten weicht aus. Das Duell hat auf psychologischer Ebene schon längst begonnen. Um den Ring toben die Zuschauer, feuern ihren Favoriten lautstark an. Der Moderator im Smoking heizt die Stimmung zusätzlich an. Auf dem Höhepunkt gibt der Schiedsrichter endlich das Startsignal. Die Fäuste der Gegner schwingen dreimal hin und her, schnellen nach oben, dann fällt die Entscheidung: Schere schneidet Papier. Ein Spieler jubelt, der andere ist am Boden zerstört.

Weltweit wird Stein-Schere-Papier, auch bekannt als Schnick-Schnack-Schnuck, gespielt — vor allem auf Schulhöfen. Meist zum Spaß und als Zeitvertreib. Doch in Köln entsteht daraus gerade ein Wettkampfsport, in dem es um Strategie, Finten und Ehrgeiz geht. „Wenn ein Spieler in den Ring steigt, dann will er auch auf jeden Fall gewinnen“, erklärt Muharrem Sahin. Der 41-Jährige ist Mitgründer des neuen Schnick-Schnack-Schnuck-Weltverbands „Association“. Dieser veranstaltet Turniere für Jedermann. Bislang nur in Köln. „Doch wir wollen schnell wachsen“, sagt Sahin, der im Hauptberuf Marketing-Berater ist und bereits einige namhafte Sponsoren für den möglichen Trendsport gewinnen konnte.

Gern kokettieren die Spieler mit den Parallelen zum Boxen. „Vorbild für den Verband war der Film ,Fight Club’ — nur, dass es bei uns unblutig zugeht“, sagt Sahin. Dafür aber mindestens ebenso emotional. So gibt es verschiedene Spielertypen: Heißsporne, die möglichst schnell zur Sache kommen wollen, und auch Genießer, die die Atmosphäre und die Show voll auskosten. Ein Duell kann so auch mal bis zu fünf Minuten lang dauern.

Vor allem dann, wenn sich Kenner gegenüberstehen, die mit einer ausgetüftelten Strategie an den Start gehen. Manche haben dann auch ihren Mentalcoach dabei, schließlich steht jedem Spieler pro Duell eine Auszeit für Beratungen zur Verfügung. Vor allem, wenn die Spielart um das Zeichen „Brunnen“ erweitert wird, wird es komplex. „Das ist dann was für die Schachspieler, Intuitive bevorzugen die Grundvariante mit Papier, Schere und Stein.“

Sahin, der mit dem Kampfnamen „Eurobond“ auftritt, hat mittlerweile genug Erfahrung, um den nächsten Zug seines Gegners vorauszuahnen: „Nach drei Runden habe ich die meisten Spieler durchschaut.“ Viele setzten von Beginn an auf Brunnen und Papier, weil beide Elemente jeweils zwei Siegchancen haben. „Nehme ich bei diesen auch das Papier, gewinne ich oder habe zumindest ein Unentschieden“, analysiert der 41-Jährige. Wenn er sich ganz sicher ist, dass der andere auf Papier setzt, kontere er ihn mit der riskanten Schere aus.

Die Faszination für Schnick-Schnack-Schnuck ist einfach: Es ist international, man hat alle Spielwerkzeuge immer bei sich, und die Ergebnisse sind eindeutig. „Es ist weit mehr als ein Kinderspiel. Es schafft schnelle Entscheidungen, und man hat auch noch Spaß dabei“, sagt Sahin.

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