Mehr als 200 Tote So haben Augenzeugen die Anschläge in Sri Lanka erlebt

Colombo · Die Anschläge in Sri Lanka machen fassungslos. Augenzeugen berichten von einem tödlichen Inferno.

 Sri-lankische Armeesoldaten, Polizisten und Helfer sichern nach einer Explosion in der St.-Antonius-Kirche das Umfeld ab.

Sri-lankische Armeesoldaten, Polizisten und Helfer sichern nach einer Explosion in der St.-Antonius-Kirche das Umfeld ab.

Foto: dpa/Rohan Karunarathne

Geduldig wartete der Attentäter mit seinem Teller am Frühstückbuffet, bis er an der Reihe war. Dann zündete er den Sprengstoff auf seinem Rücken. Binnen Sekunden schlug das geschäftige, fröhliche Treiben am Ostersonntag im Restaurant des Luxushotels Cinnamon Grand in Sri Lankas Hauptstadt Colombo in ein wahres Inferno um. Dies berichteten Augenzeugen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Die Hölle brach fast zeitgleich auch an anderen Orten der Ferieninsel los: In drei christlichen Kirchen schlugen die Attentäter ebenfalls zu - ausgerechnet während der Ostermesse. Auch weitere Hotels wurden zum Ziel von Anschlägen. Mehr als 200 Menschen wurden im Verlauf weniger Stunden gewaltsam aus dem Leben gerissen - Gläubige im Ostergottesdienst, Urlauber, Restaurantgäste.

Um 8.30 Uhr gab es plötzlich eine Explosion in einem Hotel

"Es war 08.30 Uhr", sagt ein Mitarbeiter des Hotels Cinnamon Grand. "Es gab viel zu tun, wir hatten viele Familien da." Das Osterwochenende sei ausgebucht gewesen. Plötzlich - eine Explosion. Danach habe dann "völliges Chaos" geherrscht, sagt der Mitarbeiter. Einer der Manager, der die Gäste im Restaurant begrüßte, sei sofort tot gewesen.

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Anschläge auf Sri Lanke fordern viele Tote

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Zumindest für das Hotel Cinnamon Grand scheint festzustehen, dass die Tat auf das Konto eines Selbstmordattentäters geht. Hotelmitarbeiter berichteten von dem Verdächtigen: Er habe sich am Vorabend unter dem Namen Mohamed Azzam Mohamed eingecheckt und behauptet, geschäftlich in Colombo zu tun zu haben, berichteten sie gegenüber AFP. Weder sein Name noch seine Adresse aber hätten gestimmt.

Das Fünf-Sterne-Hotel liegt ganz in der Nähe der Residenz des Regierungschefs, deshalb waren Spezialeinheiten der Polizei rasch zur Stelle. Sie sammelten die Leichenteile des Attentäters ein und brachten sie fort, während die Schwerverletzten so schnell es ging ins National Hospital von Colombo transportiert wurden.

In Colombos altehrwürdiger Kirche St. Antonius dauerte es länger, bis Hilfe eintraf. Die Gläubigen feierten gerade die Ostermesse, als auch dort eine Explosion das Gebäude erschütterte. Der Ladenbesitzer N. A. Sumanapala rannte sofort von seinem Geschäft in die benachbarte Kirche. "Es war wie ein Fluss aus Blut", sagte er. "Der Priester kam mit entgegen, er war von Blut bedeckt."

Ein Teil des Daches der historischen Kirche ist eingestürzt, der Boden mit Dachziegeln, gesplittertem Glas und Holzteilen übersät. Neben Blutlachen lagen Leichen, notdürftig mit Decken, Schals und Kleidung bedeckt.

In der St.-Sebastian-Kirche in Negombo, einer Kleinstadt unweit von Colombo, ist von dem Dach nur noch das Gerippe übrig. Bänke sind durcheinander gewürfelt, über einer hing eine Leiche. Dazwischen standen fassungslose Polizisten und Kirchenvertreter. Zwischen den Bänken klemmte kopfüber eine Christus-Statue.

„Wir stehen unter Schock“

Ein Anwohner namens Gabriel berichtete gegenüber AFP, dass sei Bruder bei der Explosion in der Kirche war. "Ein Stück des Daches stürzte auf seinen Kopf, er blutete stark aus seinem Ohr", sagte Gabriel. "Wir stehen unter Schock."

Ein ähnliches Bild der Verwüstung zeigt sich auch in der Zionskirche in Batticaloa an Sri Lankas Ostküste. Allein hier wurden mindestens 25 Menschen getötet.

Auch in den Luxushotels Shangri-La und Kingsbury in Colombo scheint der Schaden beträchtlich zu sein, doch sind beide Gebäude abgesperrt, niemand kommt hinein.

Die Anschläge machen fassungslos.Die meisten Menschen in Sri Lanka sind Buddhisten, nur sechs Prozent sind Katholiken. Zu ihnen gehören sowohl Singhalesen wie auch Vertreter der tamilischen Minderheit.

Allerdings hatte die Polizei vor zehn Tagen vor Plänen einer radikalislamischen Gruppierung gewarnt, Selbstmordanschläge auf bekannte Kirchen sowie auf die indische Botschaft in Colombo zu verüben. Sie berief sich dabei auf Informationen eines "ausländischen Geheimdiensts".

(AFP)
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