Tatort So verlief die Premiere des neuen Göttinger „Tatorts“

Göttingen · Kommissarin Charlotte Lindholm ermittelt nun im Team und in Göttingen. Fünf Fragen und Antworten zur Krimipremiere am Sonntag.

 Kritischer Blick auf die Placenta: Kommissarin Lindholm (Maria Furtwängler, 2.v.l.) und Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) in einer Szene des "Tatorts“.

Kritischer Blick auf die Placenta: Kommissarin Lindholm (Maria Furtwängler, 2.v.l.) und Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) in einer Szene des "Tatorts“.

Foto: dpa/Christine Schroeder

Es war ein „Tatort“ mit mehreren Premieren und einem schwierigenThema, das in unserer Gesellschaft noch vielfach tabuisiert wird. Der Einstand des Krimitatortes Göttingen am Sonntag mit der neuen Ermittlerin Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) und der verpflanzten „alten“ Ermittlerin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) kam bei den Zuschauern an: 9,77 Millionen Zuschauer sahen am Sonntagabend im Ersten „Das verschwundene Kind“. Das entsprach einem Marktanteil von 26,5 Prozent.

Die fünf wichtigsten Fragen, die der Krimi beantwortete:

Spielt die Hautfarbe wirklich eine Rolle im neuen Team?

Viel war im Vorfeld über den ersten Einsatz einer schwarzen Kommissarin gesprochen worden. Im Fall selber wurde auch das eine oder andrere rassistische Klischée bemüht. So hält Charlotte Lindholm bei ihrer ersten Begegnung ihre neue Kollegin zunächst für eine Putzfrau – weil die als dunkelhäutige Person in einem Kittel und mit Eimerchen in der Gerichtsmedizin herumsteht. Über das Kräfteverhältnis des neuen Ermittlungsteams sagt das freilich nichts aus. Auch über die Rolle der 42-jährigen Florence Kasumba.

Findet das Team zueinander?

Die beiden Frauen schenken sich nichts. Mit Worten und einmal auch mit einem Schlag. So macht Lindholm direkt bei ihrer Vorstellung in Göttingen klar, dass sie dort nicht bleiben wird und sie das Niveau der neuen Kolleginnen und Kollegen für unzureichend hält. Eine Satz, den ihr Schmitz kurze Zeit später um die Ohren haut. Die beweist wiederum, dass sie mindestens so anfechtbar ist wie die strafversetzte Lindholm, weil ihr schon mal das Temperament durchgeht. So fängt sich die neue Kollegin einfach mal eine schallende Ohrfeige samt lapidarer Begründung von Schmitz ein, die dennoch ohne Konsequenz bleibt. Es ist klar: Beide haben Haare auf den Zähnen, arbeiten trotzdem immer wieder erstaunlich gut zusammen. Sind eben beide Profis. Der kurze, beinahe versöhnliche Dialog am Ende des Krimis lässt vermuten, dass Lindholm in Göttingen bleiben wird, und dass das neue Team sich zusammenrauft.

Was hat Göttingen Hannover voraus?

Die Antwort müssen sich die Zuschauer selber geben. Der Film bleibt eine eindeutige Antwort schuldig: Er mischt idyllische Fotos von Fachwerkhaus gesäumten Plätzen mit Zeugen verwahrloster Infrastruktur. Auch das Verhalten der Menschen schwankt zwischen menschlich-sympathisch und arrogant-abstoßend.

Ist der Fall plausibel?

Ein junges Mädchen wird missbraucht, ignoriert seine Schwangerschaft und bringt unter Qualen und fürcherlichen Umständen allein ein Kind zur Welt. Ist derart überfordert, dass es das schreiende Etwas schlichtweg erdrückt. So was kommt vor, öfter als man sich das vorstellen mag. Die Bilder, die der Zuschauer zu sehen bekam, übrzeugten, gingen unter die Haut, ließen kräftig mitleiden. Die Szene, in der Lindholm einen Teil der Placenta aus der verstopften Toilette holt, wird wohl allgemein in Erinnerung blieben. Desgleichen die, in der der Kopf des toten Säuglings auf dem Seziertisch der Pathologie gezeigt wird. Diese Aufnahme ist für einen guten Film nicht wirklich nötig. Allein das Wissen um das Kind, das keine Chance auf Leben hatte, stattdessen in einer Plastiktüte entsorgt wurde, könnte reichen.

War es ein guter Krimi?

Der Film nimmt mit, die Story ist nachvollziehbar und spannend erzählt, die Leistungen der Protagonisten überzeugen. Wenn auch die Auflösung um den Missbrauch zu kurz kommt. Ansonsten muss sich jeder seine eigenen Meinung bilden.

(mws)
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