Nach der Transplantation „Ich musste lernen, meinem neuen Herz zu vertrauen“

Wuppertal · Simone Lafleur hat nach vier Monaten im Krankenhaus ein Spenderorgan erhalten.

 Vor kurzem feierte Simone Lafleur ihren 50. Geburtstag. Es war das erste mal, dass die Mutter wieder hoffnungsvoll in die Zukunft blickt.

Vor kurzem feierte Simone Lafleur ihren 50. Geburtstag. Es war das erste mal, dass die Mutter wieder hoffnungsvoll in die Zukunft blickt.

Foto: Lafleur

Vier Monate lang endete die Welt von Simone Lafleur am Fuße ihres Krankenhausbetts. Als sie mit einer Herzleistung von nur noch 16 Prozent in die Klinik eingeliefert wurde, änderte sich mit einem Schlag das Leben der damals 49-Jährigen. Sie erinnert sich noch heute an diesen einen Moment, der ihr die ernste Situation vor Augen geführt hat. „Ich sagte der Schwester, dass ich gerne einmal auf Toilette gehen würde. Da sagte man mir: Wir machen sie hier gar nicht mehr los.“ Und dabei blieb es für ganze vier Monate.

So lange wartete Simone Lafleur auf ein Spenderherz. Ohne das fremde Organ würde die Solingerin heute wahrscheinlich nicht mehr leben. Schon seit Jahren litt Lafleur an einer krankhaften Erweiterung des Herzmuskels – wahrscheinlich die Folgen einer verschleppten Erkältung.

Nach Jahren mit einem Herzschrittmacher klappte die Mutter zweier Töchter einfach zusammen. „Ich hatte das – wenn man das so sagen kann – Glück, direkt auf der Hochdringlichkeitsliste von Eurotransplant zu landen“, sagt sie. Auf der normalen Warteliste stehen manche Menschen über Jahre – oder bis zu ihrem Tod.

Die Ungewissheit in dieser Zeit im Krankenhaus hat Lafleur nur deswegen so gut verkraftet, weil sie eine überzeugte Optimistin ist. Sie sagt: „Für mich war das irgendwie keine Frage, dass da etwas kommt. Ich hatte da Gottvertrauen.“

Menschenmassen meidet Simone Lafleur heute

Am 11. Oktober 2018 dann die gute Nachricht: Ein passendes Herz wurde gefunden. Über den Spender, das Ursprungsland und die Umstände der Spende erfährt der Empfänger des Organs nichts. Simone Lafleur konnte nur in Erfahrung bringen, dass ihr neues Herz wohl eine weitere Reise gemacht hat. Lafleur erinnert sich: „Ich war sehr froh. Aber auch ungläubig. Wirklich? Ein Organ für mich? Jetzt?“ Um 17 Uhr hörte Lafleur das erste Mal von der einmaligen Chance – um 23 Uhr lag sie im OP-Saal. Am 12. Oktober um 4 Uhr erhielt ihr Mann die Nachricht: Alles gut verlaufen. Für ihn war das an diesem Datum ein Geburtstagsgeschenk, dass er nicht vergessen wird.

Doch der Weg von Simone Lafleur sollte noch steinig sein. Es bildete sich Wasser um das Herz. Eine häufige Komplikation – der Körper muss sich erst auf das fremde Organ einstellen. Am 22. Oktober kam Lafleur erneut unters Messer. Doch am 16. November konnte sie das Krankenhaus endlich als gesunde Frau verlassen.

Erst einmal sei das komisch gewesen, wieder ein gesundes Herz in der Brust zu haben. „Ich wollte erst einmal zur Sicherheit meinen Herzschrittmacher behalten. Aber die Ärzte sagten mir: Das brauchen Sie nicht mehr. Wir haben doch auch keinen.“ Inzwischen darf Lafleur auch wieder Sport machen. Nur ist die Solingerin jetzt vorsichtiger im Umgang mit anderen Menschen geworden, hat Angst, sich eine Infektion einzufangen: „Ich umarme keine fremden Menschen mehr und meide Menschenmassen.“

Die WZ sprach mit der Mutter an ihrem 50. Geburtstag: „Das ist heute für mich in doppelter Hinsicht ein ganz besonderer Geburtstag.“ Und sie fügt hinzu: „Das ist der erste Geburtstag seit langem, an dem ich wieder zuversichtlich in die Zukunft blicke.“ Insgeheim habe sie immer damit gerechnet, dass ihr Herz irgendwann nicht mehr mitspielt – und sei froh gewesen als zumindest eine Tochter volljährig geworden ist. Da habe sie gedacht: „Die habe ich jetzt schon mal geschafft.“

Simone Lafleur hat von einem Menschen ein neues Leben geschenkt bekommen, den sie noch nie getroffen hat. Logisch, dass sie die aktuelle Diskussion um Organspende eng verfolgt und eine klare Meinung hat: „Schade, dass man überhaupt über das Thema diskutieren muss. Die Spendenbereitschaft müsste generell höher sein.“ Sie respektiere zwar Menschen, die ihre Organe nach dem Tode nicht spenden wollen, frage sich dann aber immer: „Ob die Gegner auch so konsequent wären und ihr Organ nicht für ihr krankes Kind oder den Ehepartner hergeben würden?“

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