Flughafen Köln Security-Betrug in Köln - "Wir gucken in Düsseldorf genau hin"

Der Flughafen Köln/Bonn hat den Vertrag mit Security-Dienstleister Kötter gelöst, ein Direktor ist abgesetzt. Verdi-Mann Özay Tarim spricht über die Hintergründe. Und betont, dass auch in Düsseldorf genau hingesehen wird.

 Verdi-Mann Özay Tarim spricht über die Hintergründe der Vertragsauflösung des Security-Dienstleisters Kötter mit dem Flughafen Köln-Bonn.

Verdi-Mann Özay Tarim spricht über die Hintergründe der Vertragsauflösung des Security-Dienstleisters Kötter mit dem Flughafen Köln-Bonn.

Foto: Sergej Lepke

Herr Tarim, der Essener Sicherheitsdienstleister Kötter weist die Vorwürfe zurück, dass am Flughafen Köln-Bonn systematisch Schulungsunterlagen gefälscht wurden. Jetzt haben die Behörden Strafanzeige gestellt, der Airport hat den Vertrag mit Kötter für die Personal- und Warenkontrolle vorzeitig beendet. Wie erdrückend ist die Beweislage?

Flughafen Köln: Security-Betrug in Köln - "Wir gucken in Düsseldorf genau hin"
Foto: dpa/Lepke

Tarim: Wir haben schon in der vergangenen Woche von Betrug gesprochen. Auslöser war eine anonyme E-Mail von Kötter-Beschäftigten an den Flughafen, das Ministerium, die Bezirksregierung und an Verdi. Auf den Schulungsbescheinigungen war gekennzeichnet, dass Mitarbeiter Pflichtstunden — etwa zur Auswertung von Röntgenbildern — absolviert haben. Tatsächlich war das aber nicht oder nur sporadisch der Fall. Das konnte anhand von Dienstplänen und Lohnabrechnungen nachgewiesen werden.

Um welche Fortbildungen geht es?

Tarim: Es geht unter anderem um Schulungen, bei denen die Beschäftigten lernen, Sprengstoffe und andere gefährliche Gegenstände bei der Sicherheitskontrolle sicher zu erkennen. Die Mitarbeiter waren zum Beispiel nicht ausreichend geschult, um Sprengstofffolie im Gepäck zu erkennen. In ihrer Bescheinigung war das aber angegeben.

Von welchem Ausmaß sprechen wir?

Tarim: Alle drei Jahre wird das Personal rezertifiziert, die jährlichen Pflichtstunden müssen nachgewiesen werden. Anfang 2016 gab es eine Überprüfung der EU, bei der festgestellt wurde, dass das Personal Defizite hatte. Es wurden Nachschulungen eingefordert, die sind aber nur teilweise erfolgt. Uns ist ein erster Fall von 2015 bekannt, aber es geht hauptsächlich um 2016. Wir wissen jetzt sicher, dass 35 bis 40 Prozent der Beschäftigten nicht ausreichend qualifiziert wurden. Das ist eine wahnsinnig hohe Zahl.

Wir reden von schweren Betrugsvorwürfen. Worum könnte es dem Unternehmen bei der Fälschung der Zertifikate gegangen sein? Steht die Sicherheitsbranche so stark unter Druck?

Tarim: Es kann sein, dass Personal an der Kontrollstrecke fehlte und für die Schulungen unabkömmlich war. Alles andere mag ich mir nicht ausmalen.

Die Vorwürfe richten sich auch gegen einen Betriebsleiter, der Gegenleistungen für die Erfüllung von Urlaubs- und Schichtwünschen verlangt haben soll. . .

Tarim: Das geht auf ein anonymes Schreiben zurück. Wir nehmen das sehr ernst. Die Mitarbeiterin sollte ihre Arbeitszeit um 14 Stunden absenken. Als sie sich weigerte, soll der Betriebsleiter ihr massiv gedroht haben.

Sie haben die Entlassung des Geschäftsführenden Direktors Klaus Wedekind gefordert.

Tarim: Ja, er ist mitverantwortlich für die Misere und jetzt abgesetzt worden. Es ist wichtig für das Unternehmen, nicht nur personelle, sondern auch kulturelle Konsequenzen zu ziehen. Das haben wir von Anfang an gefordert.

Die Kötter-Tochter Airport Security wird die Waren- und Personalkontrolle am Flughafen noch bis Januar 2018 verantworten. Für die Passagierkontrollen ist weiterhin die Kötter Aviation Security zuständig. Droht auch dieser Auftrag nach den jüngsten Vorwürfen zu platzen?

Tarim: Es stellt sich natürlich die Frage, inwieweit auch andere Bereiche von solchen Missständen betroffen sind. Es muss alles auf den Prüfstand.

Kötter soll schon 2015 Mitarbeiter für Sicherheitskontrollen auf Kosten der Arbeitsagenturen in der firmeneigenen Akademie ausgebildet haben. Hätte man da nicht schon Konsequenzen ziehen müssen?

Tarim: Ja, es ging damals darum, dass die Ausbildung neuer Mitarbeiter mitunter durch Bildungsgutscheine finanziert wurde. Das ging bis 2015. Kötter hat das System jahrelang missbraucht, indem man künstlich eine hohe Personalfluktuation gefördert hat. Die Behörden hätten schon viel früher reagieren müssen.

Welche Anforderungen haben Sie an das Nachfolgeunternehmen am Airport Köln/Bonn?

Tarim: Alle 170 Mitarbeiter müssen mit ihren Rechten, Pflichten und ihren bisher erworbenen Besitzständen übernommen werden. Das Personal muss geschützt werden.

Wie stellt sich die Situation am Flughafen Düsseldorf dar?

Tarim: Kötter ist am Flughafen Düsseldorf seit 2004 und noch bis 2021 für die Fluggastkontrolle zuständig. Die Firma Klüh ist für die Personal- und Warenkontrolle verantwortlich. Wir werden an allen Flughäfen weiterhin hingucken und lassen es nicht zu, dass das Personal nicht ausreichend qualifiziert wird.

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