Schnee und Eis bremsen Europa aus

Berlin (dpa) - Tausende Glätte-Unfälle, Haushalte ohne Strom: Mit Wucht schlägt der Winter in Europa zu. Deutschlands größter Flughafen in Frankfurt ist stundenlang dicht. Das Chaos geht wohl am Mittwoch noch weiter.

Deutschlands größter Flughafen in Frankfurt wurde am Dienstag wegen verschneiter Landebahnen stundenlang geschlossen. Frankreich richtete einen Krisenstab ein. Dort waren bis zu 100 000 Haushalte ohne Strom, Autos und Züge blieben stecken. Im Südosten Englands verbrachten Hunderte Autofahrer die Nacht auf den Straßen. In Belgien kam der internationale Zugverkehr zum Erliegen. Europaweit fielen Hunderte Flüge aus. Auf deutschen Straßen gab es weit mehr als 1000 Unfälle.

Bei heftigem Schneefall war das Luftdrehkreuz Frankfurt/Main am Vormittag geschlossen worden. Nach Angaben der Fraport AG kamen die Arbeitsfahrzeuge mit dem Räumen nicht nach. Am Abend waren erst zwei der vier Bahnen wieder in Betrieb. Etwa 800 der über 1200 geplanten Flüge fielen aus. Verzögerungen und Annullierungen können sich bis Mittwoch hinziehen. Der Flughafen stellte etwa 1500 Feldbetten auf.

Die Lufthansa strich am Dienstag sämtliche Deutschland- und Europaflüge über Frankfurt. Das Langstreckenprogramm fand aber weitgehend statt, wie eine Sprecherin sagte. Passagiere sollten sich früh informieren. Am Flughafen München fielen mehr als 50 Flüge aus.

Auf Autobahnen und Straßen vor allem in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz ereigneten sich viele Autounfälle, es gab kilometerlange Staus. Bei einer Serie von Glätte-Unfällen in Hessen stießen mindestens 100 Autos zusammen. Mehrere Dutzend Menschen wurden bei den Karambolagen auf der A45 nahe Münzenberg verletzt.

Der sogenannte Märzwinter lässt Deutschland und weite Teile Europas auch in den kommenden Tagen nicht los. Schnee und Eiseskälte, die am Dienstag in der Mitte angekommen waren, ziehen nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes weiter nach Süden.

In Frankfurt, Wiesbaden und Offenbach wurde der Straßenbahn- und Busverkehr zeitweise eingestellt. „Es herrscht allgemeines Chaos“, sagte ein Polizeisprecher über die Lage in Westhessen, wo sich vielerorts Lastwagen querstellten. Im hessischen Stadtallendorf kam bei einem Glätte-Unfall ein 29 Jahre alter Autofahrer ums Leben. In Nordrhein-Westfalen gab es seit Montagnachmittag mehr als 800 Unfälle, ein Mensch starb, 14 wurden teils schwer verletzt.

Die Auswirkungen im Bahnverkehr blieben dagegen vergleichsweise gering. Züge seien nicht ausgefallen, es habe aber Verspätungen gegeben, sagte ein Bahnsprecher. Ein Sprecher des Unternehmens sagte am Dienstagabend, die Geschwindigkeit der ICE sei am Nachmittag auf 200 Stundenkilometer begrenzt worden. Dies geschehe aus Vorsicht, damit hochwirbelnde Eisklumpen keine Schäden anrichteten.

Im Norden Deutschlands beruhigte sich die Lage dagegen etwas. Zwar kam es in Schleswig-Holstein bei Schnee und Eis zu Hunderten Unfällen, ebenso in Hamburg. Meist blieb es aber bei Blechschäden.

In anderen Teilen Europas sah es ähnlich schlimm aus wie in der Mitte Deutschlands: Im Nordwesten Frankreichs beispielsweise kamen zwei Männer in der Kälte ums Leben. Bis zu 100 000 Haushalte waren weiter ohne Strom, die meisten von ihnen in der Bretagne und der Normandie. Ebenfalls im Norden schneiten mindestens 1300 Autos ein. Menschen mussten bis zu 15 Stunden in ihren Fahrzeugen ausharren. Premierminister Jean-Marc Ayrault richtete einen Krisenstab ein, um „Sicherheit und Fortbewegung im ganzen Land zu gewährleisten“.

Auf dem Pariser Flughafen Orly rutschte ein Flugzeug der Tunisair mit 140 Menschen an Bord bei der Landung von der Bahn. Verletzt wurde niemand. Ein TGV mit rund 400 Passagieren wurde bei Amiens blockiert.

In Südosten Englands verbrachten Hunderte Menschen die Nacht zu Dienstag in ihren Autos auf den Autobahnen, weil Schneefälle und eisiger Wind die Straßen unbefahrbar gemacht hatten. Viele Autofahrer in Südengland sind auch im Winter mit Sommerreifen unterwegs. Die Rettungsdienste brauchten Stunden, um die Verletzten zu erreichen. Der Flughafen auf der Kanalinsel Jersey stellte den Betrieb ein. Der Eurostar zwischen Brüssel und London stand vorübergehend still.

Meteorologen machen noch keine Hoffnung auf Frühling: Der „Märzwinter“ breitet sich sogar noch auf ganz Deutschland aus. Im Laufe der Woche soll der Frost auch den Süden erreichen. Am Wochenende erwarten die Meteorologen dann leichte Milderung. Frühlingsanfang ist am 20. März.

Von einem „Märzwinter“ sprechen die Experten, wenn ein Kälteeinbruch den Frühling im März noch einmal ausbremst.

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