Schlagerveteran macht lieber Jazz

Bill Ramsey ist bekannt für seine Gassenhauer, die lange die Hitparaden beherrschten. Am Sonntag wird der Sänger 80.

Hamburg. Die „Zuckerpuppe aus der Bauchtanztruppe“ hat mittlerweile schon 50 Jahre auf dem Buckel — aber Bill Ramsey soll seinen alten Gassenhauer nach wie vor auf fast jedem Konzert singen.

„Einen Zuschauer, der das fordert, den gibt es immer“, sagt der Musiker, der am Sonntag seinen 80. Geburtstag feiert. Dem Begehren der Fans gibt er aber selten nach. Nicht weil ihm frühere Schlagerhits wie „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“, „Pigalle“, „Souvenirs, Souvenirs“ oder der „Wumba-Tumba Schokoladeneisverkäufer“ heute peinlich wären.

Im Gegenteil: „Denen habe ich schließlich meine Bekanntheit zu verdanken“, betont Ramsey. Vielmehr möchte der in Hamburg lebende Sänger nur noch seine eigentliche Leidenschaft ausleben, die Jazzmusik.

Unter den eingefleischten Jazzfans machte sich der in Cincinnati im US-Staat Ohio geborene Sohn eines Werbedirektors und einer Lehrerin indessen keine Freunde, als er seine Schlagerkarriere begann. Doch seine parodistischen Hits wurden in den 50er und 60er Jahren schnell zu Ohrwürmern.

„Das waren eben lustige Lieder, die den Menschen sehr viel Freude gemacht haben“, sagt der Schlagerveteran. „Sie sind für mich als Jazzsänger nur nicht besonders reizvoll, weil man immer dasselbe machen muss.

Wenn man einen Jazztitel singt, kann man das am Montag so, am Dienstag so und am Mittwoch so — man wird es immer wieder anders tun“, erklärt er. Seine Schlagerfans verlangen dagegen, dass die großen Hits möglichst plattengetreu vorgetragen werden. „Das ist nach 50 Jahren einfach nicht mehr so spannend.“

Noch immer spricht der Deutsch-Amerikaner, den es Anfang der 50er Jahre als Truppenbetreuer für GIs nach Deutschland verschlug, mit seinem berühmten amerikanischen Akzent. „Ich würde gern perfekt Deutsch sprechen, aber ich kann es einfach nicht“, erklärt er. Hamburg sieht er aber ganz klar als seine Heimat an.

Ella Fitzgerald soll anerkennend über Ramsey gesagt haben, er singe wie ein Schwarzer. Schon als Schüler hatte er sich Taschengeld als Jazzsänger verdient, als Soziologie- und Wirtschaftsstudent an der Yale-Universität in New Haven blieb er dem Jazz treu, übernahm aber bereits kleinere Funk- und Filmaufträge. Schließlich stieg er ganz ins Showbusiness ein. Der „Wumba-Tumba Schokoladeneisverkäufer“ war einer der ersten Hits Ramseys.

Sein komödiantisches Talent bescherte ihm auch zahlreiche Film- und Fernsehrollen sowie TV- und Hörfunk-Moderationen. Noch immer sitzt er regelmäßig für den Hessischen Rundfunk hinter dem Mikrofon.

Auch in Zukunft möchte er weiterhin „viel jazzen und verreisen“. Gemeinsam mit seiner vierten Ehefrau Petra, mit der er seit 27 Jahren verheiratet ist. „Manche können es nicht gut aushalten, wenn sie den ganzen Tag mit ihrem Partner zusammen sind. Ich dagegen kann es nicht gut aushalten, wenn sie weg ist.“

Ein wenig kürzer tritt der Entertainer jedoch schon: „Zwei Stunden auf der Bühne zu stehen, fällt mit 80 eben nicht mehr so leicht wie mit 60.“ Einen Abschied von der Bühne kann er sich jedoch nicht vorstellen: „Erst wenn die Stimme nicht mehr will.“

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