Schlager-Grand-Prix: Erkennen Sie die Melodie

Roger Cicero landet auf dem 19. Platz. Ärger über Abstimmung im Ost-Block.

Helsinki. Eigentlich war es endlich mal wieder ein schöner Grand- Prix-Abend (das offizielle "European Song Contest" sagt ja immer noch keiner). Nach dem Sieg der finnischen Monsterrocker im vergangenen Jahr kam es erfreulicherweise nicht zur Hardrock-Offensive in Helsinki. Stattdessen gab es eine so bunte Mischung, dass es am Ende mustergültig ausgewogen war.

Auf der Bühne wechseln inbrünstige Balladen wie die der späteren Siegerin Marija Serifovic mit Ethno-Pop (der Türke Kenan Dogulu: "Shake it up Shekerim"), einer Nonsens-Polka (der schrille Verda Serduchka aus der Ukraine: "Dancing Lasha Tumbai"), Rockigem (die Finnin Hanna Pakarinen: "Leave me alone") und italienischer Oper aus Lettland (Bonaparti.lv: "Questa Notte").

Weitere Anregung bietet das traditionelle Ratespiel: "Erkennen Sie die Melodie!" Klingt der Weißrusse Koldun nicht nach James Bond für Arme? Die Jungs der schwedischen Formation The Arc können sich nicht entscheiden, ob sie mehr auf T.Rex oder Sweet machen. Dafür hat die russische Gruppe Serebro - die mit den Schulmädchen-Uniformen - eindeutig bei Britney Spears abgekupfert. Das Moderatorenpaar, der Mann trägt den niedlichen Namen Leppilampi, erledigt seine Aufgabe zügig, auch die Stimmabgabe ist angenehm gestrafft.

Die Abstimmung sorgt doch noch für Unmut, jedenfalls auf den hinteren Rängen. Dort landet auch der deutsche Teilnehmer Roger Cicero. Den 19. Platz hat er mit seiner Swingnummer sicher nicht verdient. Doch er steht ja nicht allein. Auf den ersten 16 Plätzen liegen (mit Ausnahme der Türkei und Griechenlands) nur Beiträge aus dem Osten des Kontinents. Westeuropa knubbelt sich auf den letzten Rängen - was für den irischen und den britischen Beitrag aber auch passt.

Schon in den vergangenen Jahren war die Abstimmung als Ost-Block kritisiert worden, doch noch nie war sie so massiv. Während Heinz Rudolf Kunze, Mitbewerber von Cicero beim Vorentscheid, "Seilschaften" wittert, winkt der Grand-Prix-Forscher Irving Wolther ab: "Da geht es um kulturelle Zugehörigkeit und gemeinsamen Musikgeschmack. Viele osteuropäische Interpreten haben auch auch in den Nachbarländern Fans." So kann es gehen, wenn Europa wächst.

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