Scandinavian Star: War Brand auf Fähre Massenmord?

Neue Erkenntnisse zu Schiffsunglück von 1990 mit 159 Toten.

Kopenhagen/Oslo. Schlechter Schwedenkrimi oder wirklich „der schlimmste Massenmord in Nordeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg“? Wenn eine Expertengruppe zum verheerenden Brand auf der „Scandinavian Star“ im Jahr 1990 recht behält, haben Besatzungsmitglieder auf der Nordseefähre mit 500 Reisenden damals mehrere Brände gelegt. Ziel war demnach ein Versicherungsbetrug ihrer Arbeitgeber, glaubt das Gremium aus zwölf Experten 23 Jahre nach der Katastrophe.

159 Reisende starben in der Nacht zum 7. April 1990 bei der Unglücksfahrt auf dem Skagerrak. Fast alle wurden im Schlaf vom Feuer überrascht und erstickten. Was die Expertengruppe jetzt an neuen Untersuchungsergebnissen vorlegte, hat neue Schockwellen im Norden ausgelöst: Mitglieder der Besatzung sollen angeblich die Brände im Auftrag ihrer Chefs gelegt haben, damit fernab in Miami residierende US-Eigner eine Versicherungsprämie für ihr schlecht ausgerüstetes und überversichertes Schiff einstreichen konnten.

Der norwegische Schiffsinspektor Gisle Weddegjerde verwies auf die Auszahlung von 24 Millionen Dollar an die Eignergruppe SeaEscape. Und er nennt Zeugenaussagen, wonach der Maschinenmeister der „Scandinavian Star“ nach dem Brand einen „Umschlag mit 800 000 Kronen“ (heute: 100 000 Euro) in die Hand bekam.

Wofür? Besatzungsmitglieder hätten nach Aussagen Überlebender kräftig Hand angelegt, damit das Feuer sich auf dem Schiff ausbreiten konnte. Völlig schiefgegangen sei dabei die Planung der Brandstifter: Das erste Feuer sei zu mickrig geblieben, während das zweite außer Kontrolle geraten sei. Als Chef der Gruppe sagt der Brandexperte Håkon Winterseth: „Dies war der größte Massenmord in Nordeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg.“ Bisher war für die Behörden ein selbst ums Leben gekommener Lkw-Fahrer der alleinige Brandstifter. Unmöglich, meinen die Experten, weil er längst tot war, als das letzte der vier Feuer ausbrach.

Unstrittig bleibt, dass die hohe Zahl der Toten ihre Ursache auch in Sicherheitsmängeln, Sprachverwirrung sowie fehlender Schulung der Besatzung hatte. Ein dänischer Reeder, dessen Geschäftsführer und der Kapitän wurden dafür mit je sechs Monaten Haft bestraft. Die Expertengruppe fordert nun eine neue amtliche Untersuchung.

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