Salbe gegen Neurodermitis wird nochmal überprüft

Köln/Düsseldorf. (dpa) Die umstrittene Salbe gegen die Hautkrankheit Neurodermitis soll kurz vor ihrer geplanten Markteinführung nun erneut überprüft werden. Eine Sprecherin der Bezirksregierung Düsseldorf sagte am Dienstag, es werde untersucht, ob es sich bei dem Produkt Regividerm nicht doch um ein Arzneimittel handele.

Dann würden für dessen Zulassung neue, hohe Hürden bestehen. Die Remscheider Firma Regeneration Pharma will die Salbe zusammen mit der Schweizer Pharmafirma Mavena Mitte November in den Apotheken in Deutschland, Österreich und der Schweiz rezeptfrei zum Verkauf anbieten. Die Salbe ist bisher "nur" als Medizinprodukt zugelassen.

Den beiden Pharma-Unternehmen zufolge war die Creme auf Basis von Vitamin B12 und Avocado-Öl im August als Medizinprodukt für die EU und die Schweiz zugelassen worden. Im Mittelpunkt der neuen Prüfung steht nun der Inhaltsstoff Vitamin B12, erklärte die Sprecherin der Bezirksregierung, Stefanie Paul.

"Wir werden einen speziellen Blick darauf haben müssen, ob es sich in diesem Fall bei Vitamin B12 nicht doch um einen medizinischen Wirkstoff handelt, der einen pharmakologischen Wert hat. Dann wäre die Salbe kein Medizinprodukt, sondern ein Arzneimittel." Nach Angaben der Firma Regeneratio handelt es sich um ein "geprüftes Therapeutikum", das als Medizinprodukt zugelassen wurde und dafür klinische Studien unterlaufen musste.

Vitamin B12 wird vom Hersteller als "natürlicher Wirkstoff" bezeichnet. Die Salbe rangiert derzeit eine Stufe unter dem Status Arzneimittel, bei dem sehr umfangreiche Langzeitstudien für eine Zulassung nötig wären.

Das Medikament müsste dann ein Genehmigungsverfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel - eine Behörde im Geschäftsbereich des Bundesgesundheitsministeriums - durchlaufen. Die Unterlagen des Pharmaherstellers sind noch nicht bei der Bezirksregierung eingegangen. Sollte die Prüfung verzögert und erst nach der Markteinführung von Regividerm Mitte November möglich sein, könne die Salbe notfalls auch nachträglich vom Markt genommen werden, sagte Paul.

Das Ergebnis der Überprüfung sei aber völlig offen. Es sei ein "ganz normales Verfahren", dass Hersteller eines neuen Produktes vor einem "Inverkehrbringen" alle relevanten Unterlagen bei der zuständigen Bezirksregierung zur Prüfung einreichen müssten. Die Salbe, die laut Hersteller gegen die Hautkrankheiten Neurodermitis und Schuppenflechte nebenwirkungsfrei hilft, war bereits vor 20 Jahren entwickelt worden.

Ein WDR-Film darüber hatte jüngst heftige Debatten ausgelöst - und einen Ansturm auf die Apotheken. Von den beiden Krankheiten sind bundesweit acht Millionen Menschen betroffen. Laut Film wollte zwei Jahrzehnte lang kein Pharmakonzern das vergleichsweise günstige Mittel herstellen - angeblich, um den Verkauf eigener teurerer Angebote nicht zu gefährden.

Nun produziert das Remscheider Unternehmen als Patent-Inhaber die Salbe selbst, aber nur in kleineren Mengen. Experten warnen vor überzogenen Erwartungen. Einige Mediziner meinen, die bisherigen klinischen Studien sind einwandfrei, der Kreis der Probanden sei aber noch sehr klein.

Der Deutsche Neurodermitis Bund glaubt nicht an eine heilende Wirkung. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände sieht weiteren Forschungsbedarf und rät Patienten, sie sollten sich vor Nutzung der Salbe mit ihren Ärzten absprechen.

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