Rüdiger Hoffmann: Der Entdecker der Langsamkeit

Porträt: Sein Markenzeichen ist seine westfälische Gelassenheit: Rüdiger Hoffmann kokettiert mit seiner Herkunft.

Bonn. "Wäre Jesus ein Ostwestfale gewesen", sagt Rüdiger Hoffmann (46), "dann hätte das Neue Testament auf einer Din A4 Seite Platz gefunden." Ein Gag, der tieferer Einsicht entspringt. Denn der Kabarettist aus Paderborn widmet sich seit geraumer Zeit dem Studium regionaler Unterschiede.

Wer wie er seine Kindheit und Jugend in Ostwestfalen verbracht hat und seit nunmehr zwölf Jahren im Rheinland lebt, kann da mitreden. "Im Gegensatz zum Rheinländer kann der Ostwestfale die Stille aushalten", sagt der Mann mit den blauen Augen und der hohen Stirn, der von seinen Fans als Entdecker der Langsamkeit gefeiert wird. "Und er bringt die nötige Ruhe auf, um auf ein Pils zu warten".

Ursprünglich wollte der Sohn eines Kulturbauingenieurs Popstar werden. So ganz ist er dem nicht untreu geworden: "Ich habe schon immer Musik gemacht. Mit zwölf hatte ich meine erste kleine Band und habe auch drei Semester klassische Musik an der Uni Paderborn studiert, Klavier und Gesang. Später gab´s dann in allen meinen Programmen auch immer Songs.

In meinem ersten Programm 1985 waren es 18 Stücke - und nur vier Sprechnummern". Und im August 2007 bewies seine erste reine Musik-CD "Sex oder Liebe", dass er auch wie Rammstein klingen kann.

Seit seinem ersten Solo-Programm 1995 sind 25 Jahre vergangen. In denen Hoffmann, der Vater eines dreijährigen Sohnes ist, auch das eigene Erwachsenwerden verarbeitet hat: "Da ändert sich schon vieles. Erst ist man Student und lebt in einer WG, dann kommt die neue Steuerklasse und dann die Schwangerschaftsgymnastik."

Bis er zu seiner typischen Form fand, so sagt er, habe er Jahre gebraucht: "Ich habe ja schon vor meinem ersten Solo-Programm Kabarett gemacht. Anfangs allerdings zusammen mit anderen. Das, was ich erfahre, verarbeite ich zu Geschichten. Und das geht am besten, wenn man weiß, wo man herkommt."

Das Konzept, nicht lauter Einzelnummern zu bringen, sondern eine zusammenhängende Handlung zu entwickeln, hat sich als goldrichtig erwiesen. Und der Eingangssatz "Ja, haaalloo erst maaal! Ich weiß gaaaar nicht, ob sie´s schon wussteeen..." wurde zum Markenzeichen. Als Interviewpartner redet Rüdiger Hoffmann wesentlich flüssiger. Wenn er davon spricht, dass er privat eher introvertiert ist, ein Familienmensch mit Leib und Seele und in seiner Freizeit begeisterter Kanu-Fahrer: "Das macht mir den Kopf frei."

Das neue Programm "obwohl..." erzählt einmal mehr die ganz normalen Geschichten aus dem Alltag, die man banal nennen könnte, würden sie nicht so hinreißend hoffmännisch dargebracht. Birte und Olaf (eine ausgereiftere Version von Jochen und Ulla) wollen Pärchenurlaub machen und fallen unter die Familien-Horden.

An der VHS Paderborn kämpft der "Club der ängstlichen Männer" gegen den Psychoterror der Unsensiblen oder der Ostwestfale berichtet von mentalitätsbedingten Hemmnissen in seiner Heimat: "Was der Rheinländer kaum glauben kann: Mit dem Karneval tun wir uns schwer. Das fängt schon in Münster an. Da kehren sie hinterher das Konfetti zusammen und sortieren es nach Farben."

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