Riesen-Glück: Der weltgrößte Mensch ist verliebt

Vreden/Münster (dpa) - Sultan Kösen ist ein sanfter Riese. Seine Hände sind so groß wie Teller. Seine Gestalt reicht bis zur Zimmerdecke.

Der größte Mensch der Welt wirkt dennoch überhaupt nicht einschüchternd. Er lächelt viel. „Meistens bringen sich die Menschen fast um, nur um in das Guinness-Buch der Rekorde zu kommen. Ich habe nichts gemacht und bin drin.“ 2,51 Meter misst der scheue Mann aus der Türkei. Er tastet sich mit zwei Krücken behutsam durch den Raum, tief duckt er sich im Türrahmen. Kösen kann sich in den Zimmern kaum strecken, in die meisten Stühle muss er sich hineinpressen. Die Möbel wirken neben ihm wie aus einer Zwergenwelt.

Er habe überhaupt nichts dagegen, „Riese“ genannt zu werden, sagt Kösen bei dem ersten Deutschland-Besuch am Dienstag im Münsterland. „Solange mir die Menschen mit Respekt begegnen, stört mich das nicht.“ Der 29-Jährige hat eine lange Leidensgeschichte. Mit neun Jahren begann sein Körper, unnatürlich zu wachsen. „Als ich zehn Jahre alt war, war ich so groß wie mein Vater.“ Schuld war ein Tumor in der Hirnanhangdrüse.

Die Ärzte in Südostanatolien waren hilflos. Der Zehnjährige wurde von Gleichaltrigen gehänselt. Schlimmer noch: Wegen der Krankheit konnte er schließlich nicht mehr zur Schule gehen. Erst nach einem Umzug nach Ankara brachten Operationen Erfolge. Dann wurden die Guinness-Herausgeber auf ihn aufmerksam. „Seitdem stehen mir Türen offen, wie ich es niemals für möglich gehalten hätte.“

Im März dieses Jahres brachten US-Mediziner Kösens Wachstum zum Stillstand. „Vorher lebte ich in stetiger Angst.“ Etwa um diese Zeit fand der Gigant endlich auch sein privates Glück. Er habe seit kurzem eine Freundin. „Wir haben uns per Zufall kennengelernt und sind jetzt ein Paar.“ Seine türkische Partnerin ist mit gerade einmal 1,75 Meter mehrere Köpfe kleiner als er. Das stört ihn überhaupt nicht.

„Heiraten? Wenn es klappt, warum nicht? Das wird die Zeit bringen.“ Der Juwelier Niessing im Münsterland nahm vorsichtshalber Maß für den Ring. „Wenn er heiratet, wird es der größte Ehering der Welt“, sagt die Sprecherin der Manufaktur, Karina Wilde. Denn Kösen hat auch die größten Hände und Füße der Welt. Das ist nicht immer eine Freude.

Sultan Kösen findet fast nirgends auf der Welt passende Schuhe. Doch in der deutschen Kleinstadt Vreden bei Münster hat er Hilfe gefunden. Hier arbeitet Schuhmacher Georg Wessels, der sich auf extreme Übergrößen spezialisiert hat. „Der Amerikaner Robert Wadlow - mit 2,72 Meter der größte Mensch, der je gelebt hat - ist gestorben, weil er das falsche Schuhwerk hatte“, sagt Wessels. „Es hatte sich eine Druckstelle gebildet, die sich entzündete.“ Der Schumacher kniet inmitten von Schuhregalen neben dem Hünen, bindet ihm die neuen braunen Lederschuhe zu. Kösen erhebt sich langsam, setzt zaghaft einen Fuß vor den anderen. Er strahlt. „Sehr gut - als ob ich keine Schuhe anhätte.“ Jahrelang plagten ihn offene Wunden an den Füßen.

Obwohl ihm seine langjährige Krankheit noch immer zusetzt, jettet Bauernsohn Kösen viel durch die Welt. Dabei übersetzen Dolmetscher meistens für ihn, der 29-Jährige spricht nur Türkisch. Noch vor ein paar Tagen machte er in Thailand Reklame für eine Modefirma. Er setzt sich bei Benefiz-Aktionen für andere große Menschen in Not ein, die nicht so viel Glück hatten wie er. Einen Traum hat er noch: „Wenn ich einmal heiraten sollte, werde ich mir ein Haus bauen, das meiner Größe entspricht.“

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