Richter eröffnen Berufungsprozess um Concorde-Absturz

Paris (dpa) - Knapp zwölf Jahre nach dem Concorde-Absturz bei Paris hat ein neuer Prozess um die Schuldfrage begonnen. Ein Berufungsgericht in Versailles soll in den kommenden neun Wochen endgültig klären, wer die Verantwortung für das folgenschwere Flugzeugunglück trägt.

Bei dem Absturz des Überschalljets am 25. Juli 2000 waren 113 Menschen ums Leben gekommen - darunter 97 Deutsche. Die schleswig-holsteinische Reederei Deilmann hatte den Flug nach New York gechartert. Dort sollte eine Kreuzfahrt beginnen.

In dem ersten Verfahren hatte ein Gericht am 6. Dezember 2010 der US-Fluggesellschaft Continental Airlines und einem ihrer Mitarbeiter die Schuld zugeschrieben. Die Richter folgten der These, dass der Jet beim Start über eine Titan-Lamelle gerollt war, die von einer Continental-Maschine abgefallen war. Dabei platzte nach Einschätzung von Flugunfallermittlern ein Reifen der Concorde, Gummiteile durchschlugen einen Tank und der ausströmende Treibstoff ging in Flammen auf.

Der Continental-Mitarbeiter, der die Titan-Lamelle angebracht hatte, wurde in erster Instanz wegen fahrlässiger Tötung zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Continental Airlines soll eine Geldstrafe in Höhe von 200 000 Euro sowie eine Million Euro Schadenersatz an Air France zahlen. Der französischen Gesellschaft gehörte Flugzeug.

US-Konkurrent Continental ist hingegen weiter der Auffassung, dass die Concorde bereits brannte, bevor sie über das Metallteil fuhr. Anwalt Olivier Metzner kündigte am Donnerstag in Versailles an, zahlreiche neue Zeugen für diese These zu haben.

Alle anderen Angeklagten waren damals freigesprochen worden, darunter auch drei ehemalige Mitarbeiter der französischen Luftfahrtbehörde DGAC und des Concorde-Herstellers Aérospatiale. Ihnen war ursprünglich vorgeworfen worden, nicht vor möglichen Risiken des Flugzeugs gewarnt zu haben.

Als Rechtsnachfolger des Concorde-Herstellers Aérospatiale verurteilte das Gericht 2010 nur EADS, sich wegen Fahrlässigkeit beim Brandschutz zu 30 Prozent an dem Schadenersatz für einige Nebenkläger zu beteiligen. Das Unternehmen hat wie Continental Berufung eingelegt.

Die Katastrophe im Sommer 2000 hatte das Ende der Concorde eingeläutet. Die französischen und britischen „Donnervögel“, die in nur dreieinhalb Stunden von Europa nach New York flogen, wurden 2003 aus dem Betrieb genommen.

Bislang sind bis zum 9. Mai Verhandlungstage angesetzt. Ein Antrag auf Verschiebung des Prozesses lehnte das Gericht am Donnerstag ab. Er war von der Verteidigung des erkrankten Mitangeklagten Henri Perrier gestellt worden. Der heute 82-Jährige arbeitete früher bei Aérospatiale als Chef des Concorde-Programms gilt bis heute als einer der Top-Experten für das Flugzeug. Perrier und ein weiter früherer Aérospatiale-Mitarbeiter sollen nun erst im Januar 2013 in einem gesonderten Verfahren erneut zu den Vorwürfen gehört werden. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie die Anfälligkeit des Flugzeugs kannten und nichts dagegen unternahmen.

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