Reaktionen: Debatte um Waffenrecht

Winnenden (dpa) - Nach dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen mit 16 Toten ist die Diskussion um das Waffenrecht in Deutschland neu entbrannt. Der Vorsitzende des Bundes deutscher Kriminalbeamten, Klaus Jansen, fordert, dass Sportschützen ihre Munition bei der Polizei abliefern sollten.

In einem Gespräch mit den „Lübecker Nachrichten“ sagte Jansen: „Eine Waffe ohne Munition taugt nicht viel.“ Ihm sträubten sich die Haare, wenn er höre, dass 5000 Schuss Munition in einem Privathaushalt herumlägen. Großkalibrige Waffen wie die Beretta, die der Amokschütze Tim K. verwendet hatte, gehörten nicht in die Hand von Bürgern, sagte Jansen.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete, Hermann Scheer, sprach sich dafür aus, Privatpersonen die Aufbewahrung von Schusswaffen weitgehend zu verbieten. Waffen, die für Freizeit-, Sport-, und Brauchtumszwecke verwendet werden, sollen ausnahmslos nur noch in den Schützenvereinen aufbewahrt werden, forderte Scheer, in dessen Wahlkreis Winnenden liegt. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Fritz Kuhn, forderte in der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Samstag) Waffen sollten zentral im Schützenvereinsheim deponiert und verschlossen werden. Der Abgeordnete sagte: „Tatsache ist nun einmal, dass Kinder, deren Vater eine Waffe hat, einfach zu leichten Zugang haben“.

Ein schärferes Waffenrecht birgt nach Einschätzung von Altbundespräsident Roman Herzog allerdings auch Gefahren: Die Folge wäre, dass in jedem Haus herumgeschnüffelt und unangemeldet Stichproben gemacht werden müssten, sagt er am Samstag dem Sender MDR Info. „Dann wird die ganze deutsche Medienwelt wieder vom Überwachungsstaat reden.“

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) forderte indes die Einrichtung einer Notruf-Nummer für Internet-Chat-Rooms. Wenn jugendlichen Internetnutzern etwas komisch vorkommt, dann sollten sie es melden können, sagte die Ministerin am Freitag dem TV-Sender N24. „So etwas wie eine 110-Nummer im Netz, dass man sagt, das ist mir unheimlich, ich brauche Hilfe.“

Der 17-jährige Tim K. hatte am Mittwoch beim Amoklauf in seiner ehemaligen Schule in Winnenden und anschließend in Wendlingen 15 Menschen getötet und sich anschließend selbst erschossen.

Nach einer schweren Ermittlungspanne rätselt die Polizei jetzt wieder über das Motiv des Amokläufers von Winnenden. Denn anders als zunächst verkündet wurden auf dem beschlagnahmten PC des Todesschützen Tim K. keine Belege für eine Ankündigung des Blutbads im Internet gefunden. War der Hinweis in einem Chatroom eine Fälschung? Diese ungelöste Frage belastet die Ermittlungen und sorgt für heftige Irritationen.

Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) verwahrte sich am Freitag gegen Kritik, er habe vorschnell die angebliche Ankündigung des Massakers bekanntgegeben. Nun überprüfen die Ermittler, ob Tim K. von einem anderen Computer den Hinweis abgesetzt hat.

Die Beamten vernahmen dazu zwei jugendliche Zeugen aus Bayern und Nordrhein-Westfalen, die den Internet-Eintrag gesehen haben wollen. Dieser schien eine deutliche Erklärung für die unglaubliche Tat zu liefern: „Ich meine es ernst, Bernd - ich habe Waffen hier, und ich werde morgen früh an meine frühere Schule gehen und mal so richtig gepflegt grillen.“ Weiter hieß es: „Merkt Euch nur den Namen des Orts: Winnenden.“

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