Radprofi Jens Voigt : Der ewige Kämpfer wieder in Paris

In diesem Jahr stellt der 40 Jahre alte Radprofi Jens Voigt einen Rekord auf — von dem er selbst nichts hält.

Berlin. Jens Voigt ist eine der dominantesten Persönlichkeiten des Deutschen Radsports. Seit vielen Jahren ist er in beinahe allen wichtigen Rennen vertreten — in diesem Jahr stellt er einen Rekord auf, von dem er allerdings nicht begeistert ist: Der Radprofi steht vor der 15. Teilnahme bei der Tour de France — damit ist der 40-Jährige in Deutschland Spitze und verweist Erik Zabel auf Rang zwei. „Das interessiert mich gar nicht. Das ist doch Quatsch. Wenn ich der Rekordhalter an Etappensiegen wäre — okay, das wäre vielleicht ein Rekord“, sagte er.

Die französischen Sportfans lieben ihn, weil er ihre Sprache spricht und weil er immer so schön verbissen kämpft. Bei 14 Tour-Starts erreichte Voigt das Ziel in Paris elfmal.

Seine mutmaßlich letzte Tour — aber wer weiß das bei Marathonmann Voigt schon mit Sicherheit — könnte ihm ungeahnte Freiheiten in seinem Team RadioShack-Nissan geben. Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Andy Schleck und damit ohne einen „Killer-Kapitän“, wie Voigt selbst sagt, ist den Team-Mitglieder womöglich öfter erlaubt, eigene Attacken während der Tortur durch Frankreich zu riskieren.

Das käme dem sechsfachen Vater aus Berlin-Grunewald entgegen, auch wenn er sich in den Dienst der Mannschaft stellt. „Ich werde sicher eher der Arbeiter sein als der große Vollstrecker“, kündigte er an. Diese Einstellung charakterisiert ihn auch als Sportler. Er besitzt die Fähigkeit, ein Team zu motivieren. Dabei geht er tatkräftig als Vorbild voran. Zweimal kam Voigt so zu seinen größten Tour-Erfolgen, den Etappensiegen 2001 und 2006. Ebenfalls zweimal trug er Gelb (2001 und 2005).

Von entspannter Vorbereitung auf den Jahreshöhepunkt konnte beim Team RadioShack in den vergangenen Wochen keine Rede sein nach internen Querelen, Verletzungen und massiven Doping-Vorwürfen gegen Teammanager Johan Bruyneel und Mannschaftsarzt Pedro Celaya.

In seiner Jugend ist Voigt gemeinsam mit Jan Ulrich gefahren. Er ist zwar nie für einen deutschen Rennstall gefahren, aber dennoch tritt er hierzulande oft in Erscheinung. Unter anderem als Sprecher der Radprofis. Eine Funktion, die er bis 2007 innehatte. Zum Doping hat Voigt eine klare Meinung: „Doping ist eine Mischung aus menschlicher Schwäche, Gier, Dummheit, Arroganz und Ignoranz“, sagt er. Alles Eigenschaften, die man ihm nicht zuschreibt — er gilt als einer der wenigen mit einem sauberen Image.

Im Rückblick auf seine besonderen Frankreich-Erfahrungen bleiben die persönlichen Erfolge mit den Tagessiegen und den Glücksmomenten in Gelb, vor allem aber das Jahr 2008 in Erinnerung. „Ein Stück vom Gelben Trikot unseres Kapitäns Carlos Sastre gehört auch mir“, sagte Voigt zum Tour-Sieg des Spaniers.

Zu Erfahrungen, die eher zu vergessen sind, zählt die Kämpfernatur seinen folgenschweren Sturz 2009. Ein Jochbeinbruch und weitere Verletzungen hatten ihn zur Aufgabe gezwungen.

48 Tage später stand er wieder am Start in Missouri zum geglückten Comeback. Auf so ein Drama kann Voigt verzichten, einmal ein Jahr ohne gröbere Unfälle „wäre doch ein schöner Bonus“.

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