Rachel Trevor-Morgan: Das ist die Behüterin der Queen

Porträt: Hutmacherin Rachel Trevor-Morgan kreiert Hüte für die britische Königin und normale Kundinnen.

London. Rachel Trevor-Morgans Hutmacher-Werkstatt atmet die Atmosphäre eines Charles-Dickens-Romans: Sie ist eng, quirlig und warm. Auf einer Herdplatte erhitzt Trevor-Morgan (43) Messingkugeln. Später wird sie diese in feines gewebtes Stroh pressen, damit es die Form loser Blütenblätter annimmt. So entstehen so in vielen Arbeitsstunden üppige Blumenkelche für ihren Kopfschmuck.

Ob Seide oder Organza, Trevor-Morgan färbt die Stoffe passend zur Garderobe, spannt sie auf Rohlinge, gibt ihnen mit heißem Dampf und Draht die Form, säumt die Krempen und arrangiert Blumen und Federn so, dass sie dem Gesicht der "Behüteten" ein Rahmen sind.

Die Auftragsbücher im Atelier sind gefüllt mit Stoffproben von Kleidern ihrer Kundinnen: "Die meisten kaufen erst die Garderobe und lassen sich dann einen passenden Hut fertigen", sagt sie. Echte Hut-Puristen halten es natürlich andersherum: Sie erstehen eine Kopf-Skulptur zuerst, ein Kleid dazu später. "Das ist sicher schwieriger", räumt Trevor-Morgan ein, "aber auch sehr sympathisch." Immerhin lasse sich ein Hut in England jederzeit tragen, "selbst im Supermarkt."

Bei gesellschaftlichen Ereignissen wie den Pferderennen, aber auch bei Hochzeiten ist ein Hut auf der Insel filigrane Pflicht. "Natürlich bringt ein Hut ein wenig Drama in die Garderobe", sagt Trevor-Morgan, "doch wenn er passt, lässt er jedes Gesicht so fabelhaft aussehen, dass er selbstbewusst macht."

Im Mode-Alphabet ist der Hut für sie das Ausrufezeichen: eine Spielerei Brautweiß oder sattem Violett, die heute mehr mit Entertainment denn Etikette zu tun hat. Anders als in der Geschichte geht es eben nicht mehr darum, sich durch einen Hut konform zu zeigen, sondern ihn zur Visitenkarte der eigenen Persönlichkeit zu machen.

Rachel Trevor-Morgan ging bei den letzten Londoner Vertretern dieses Handwerks in die Ausbildung, fertigte vor 20 Jahren ihre ersten Designs auf dem Dachboden eines Klosters in Westminster an. Ein Geschäft hatte Trevor-Morgan damals nicht: Sie verkaufte ihre Handarbeit an einem kleinen Marktstand am Trafalgar Square.

Als sich die alte Hutmacherin von Königin Elisabeth II. vor vier Jahren zur Ruhe setzte, klingelte in Trevor-Morgans Atelier das Telefon. Die Garderobiere des Palastes bat um einige Entwürfe für Ihre Majestät.

Seitdem behütet sie die Königin - zu ihrem 80. Geburtstag, ihrer Diamanthochzeit oder für Treffen mit George W. Bush zeigte sich die Monarchin in Kreationen aus dem Atelier. "Sie ist eine Hut-Botschafterin", freut sich Trevor-Morgan, "sie zeigt, dass Kopfschmuck Spaß macht und Stil hat und hält dieses Handwerk lebendig."

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