Queensberry: Victoria Ulbrich lebt ihren Popstars-Traum

Seit ein paar Monaten gehört die Bergheimerin Victoria Ulbrich zu Queensberry, einer im Fernsehen erzeugten Popgruppe. Die 17-Jährige hofft, dass die Karriere lange anhält.

Bergheim. Nebelschwaden wabern vorbei. Ein verlassener Bahnsteig bei Nacht ist in blaues Licht getaucht. Nur eine traurige blonde Schönheit steht da mit ihrem Koffer in der Hand. Im neuen Video von Queensberry wird die gerade 17-jährige Victoria Ulbrich als melancholisch-laszive Dame dargestellt.

Aber nicht nur in der Inszenierung des Songs "I can’t stop feeling" erinnert das jüngste der vier Mädchen mit Wimpergeklimper und Schmollmund an die frühe Madonna oder an die noch frühere Marilyn Monroe.

Die schnelle Verwandlung gelang den Machern der Fernsehshow Popstars. Noch im August vergangenen Jahres war das Mädchen aus Bergheim bei Köln, das gerade seine Mittlere Reife bestanden hatte, eine von 2275 Kandidatinnen der Castingshow von ProSieben. Und nun tritt Victoria zusammen mit Leonore, Gabriella und Antonella in allen möglichen Fernsehshows auf.

Bereits sieben Mal innerhalb von neun Jahren erzählt das Format Popstars die Geschichte von der Tellerwäscherin, die zur Millionärin gemacht werden soll. Ob die neu gekürte Band Queensberry an den Erfolg der ersten Gruppen No Angels oder Bro’Sis anknüpfen kann oder ob die Gruppe ähnlich floppen wird wie ihre unmittelbaren Vorgänger Room 2012, ist noch nicht ganz entschieden.

Für Victoria Ulbrich hat sich aber bereits mit der Aufnahme in die Band im Dezember das Leben komplett verändert. Natürlich, so erfahren wissbegierige Fans aus dem Internet, ist Victoria noch immer das natürliche junge Mädchen, das ein Eigenheim mit Vater, Schwester und Kaninchen Fussel bewohnt.

Fussel heißt der Nager, weil er fusselt, wird mit ernster Miene erklärt. An eine pink gestrichene Wand ihres Mansardenzimmers habe sie sogar eine Autogrammkarte von sich selbst geheftet, gesteht die angehende Sängerin kichernd.

Aber oft sei sie nicht mehr zu Hause anzutreffen. Nach Plattenaufnahmen und Videoproduktionen folgt eine Tournee mit der US-amerikanischen Formation Pussycat Dolls. Stolz erzählt Victoria: "Wir durften Silvester sogar am Brandenburger Tor auftreten."

Für ein Gespräch hat der neue Popstar zwischen zwei Drehterminen Zeit. Wenn sie von ihrem Zuhause berichtet, gerät Victoria ins Schwärmen: "Mein Vater ist ein ganz lieber. Er mag Musik genauso wie ich." Früher habe auch er in einer Band gespielt. Beim Kölner Karneval sei er oft aufgetreten. Inzwischen arbeitet er als Ingenieur bei der Stadtverwaltung.

Und die Mutter? Da wird die im Interview eher dünne Stimme der Sängerin noch dünner: "Ich möchte nicht so gern über dieses Thema reden." Während des Castings starb Victorias Mutter. Der Sender und die Produktionsfirma gerieten ins Kreuzfeuer der Kritik, weil die Szene, in der Juror Detlef Soost Victoria ans Telefon bat, damit sie von dem tragischen Geschehen erfuhr, gesendet wurde.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla kommentierte schon am Tag vor der Ausstrahlung jener Szene diesbezüglich: "Die Verwahrlosung in manchen TV-Sendungen macht mich fassungslos." ProSieben wiederum entgegnete, dass Pofalla die entsprechende Sequenz nicht gesehen habe und dass "Victoria sehr zufrieden damit ist, wie ihre ganz persönliche Geschichte erzählt wird." Inzwischen sind Spekulationen über das seelische Befinden der jungen Frau und der jugendlichen Zuschauer verstummt.

Kritik an der Sendung Popstars, an der Band Queensberry und an Victoria kam dann noch von unerwarteter Seite. Der Rapper Sido, auch Mitglied der Jury, wetterte im Interview gegen seine eigene Show und die Kandidatinnen. Alles sei "unecht" und "nicht authentisch". Nur vor laufenden Kameras würden die Tränen fließen, so urteilte der für seine brutalen und sexistischen Texte berüchtigte Musiker.

Wie geht Victoria mit den Vorwürfen des Rappers um? "Vorher und auch während des Castings fand ich Sido gut. Aber jetzt habe ich ein anderes Bild von ihm", antwortet die Sängerin, sichtlich um eine höfliche Formulierung bemüht. Man habe die Sache miteinander klären können.

Für die Zukunft wünscht sich die junge Frau eine langandauernde Karriere mit Queensberry. Dann muss Victoria wieder vor die Kamera. Auf dem Bildschirm ist ein Vamp zu sehen, mit schüttelndem Oberkörper und Netzstrümpfen an den Beinen. Wieder ähnelt Victoria der großen MM. Es bleibt die Frage, ob das Nervenkostüm der jungen Frau solider gestrickt ist als das der Norma Jeane Mortenson.

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