Psychologen: Erster Schock nach Amoklauf vorbei

Winnenden (dpa) - Drei Tage nach dem Amoklauf von Winnenden und Wendlingen haben die meisten Schüler und Lehrer ihren ersten Schock nach Angaben der betreuenden Psychologen überwunden.

Die Helfer könnten nun vorsichtig beginnen, die traumatischen Erlebnisse vom Mittwoch mit den Hilfesuchenden aufzuarbeiten, sagte der Leiter des Kriseninterventionsteams, Dieter Glatzer, am Samstag in Winnenden. „Auch für uns als Helfer ist es sehr belastend, mit allen Reaktionen klarzukommen.“ Niemand könne länger als drei bis fünf Tage am Stück einen solchen Einsatz leisten, betonte er.

Am Montag können sich die Schüler der Albertville-Realschule erstmals nach der Tat wieder mit ihren Klassenkameraden und den Lehrern treffen. Jahrgangsweise sollen sie zunächst auf andere Schulen in Winnenden verteilt werden, sagte der Leiter des Krisenstabs der Stadt, der stellvertretende Oberbürgermeister Richard Fischer. Regulären Unterricht werde es aber wenigstens eine Woche lang noch nicht geben.

Es sei sehr wichtig, Klassenkameraden und Freunde wieder zusammenzuführen, damit sie sich gegenseitig stützen könnten, sagte Glatzer. „Viele der Lehrer werden schon am Montag wieder einsatzfähig sein und können ihre Kinder betreuen.“ Auch Psychologen kommen in die Klassen. Auch zahlreiche andere Bildungseinrichtungen aus dem Rems- Murr-Kreis, dem Kreis Esslingen und dem Ostalbkreis hätten die Unterstützung der Experten angefordert. „Das geht vom Kindergarten bis zum beruflichen Gymnasium“, sagte Glatzer.

Sorgen mache er sich aber auch um die Psychologen selbst. „Wir haben erschütternde Szenen bei der Betreuung erlebt“, sagte Glatzer. „Unsere Leute werden dadurch selbst zu betroffenen und gefährdeten Personen.“ Einige Psychologen seien deshalb abgestellt worden, um den Kollegen zur Seite zu stehen.

Für die Angehörigen und Freunde der Opfer seien die Beerdigungen das nächste einschneidende Ereignis. Erst danach könne eine gründliche Aufarbeitung des Erlebten beginnen. Die Chancen, dass die Schüler der Albertville-Realschule und die Angehörigen der Opfer über ihr Trauma hinwegkämen, schätzte Glatzer als gut ein. Voraussetzung sei, dass „zur rechten Zeit die richtige Unterstützung geboten wird.“ Trotzdem werde es viele Wochen oder sogar Jahre brauchen, bis eine Rückkehr in den Alltag möglich werde.

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