Debatte um die Sommerzeit Pro und Contra: Sollen wir weiterhin die Uhren umstellen?

Die Zeitumstellung ist umstritten. Doch welche Argumente sprechen dafür und welche dagegen? Ein Pro und Contra.

 In der Nacht zum Sonntag werden die Uhren wieder auf Sommerzeit umgestellt - von 2.00 auf 3.00 Uhr.

In der Nacht zum Sonntag werden die Uhren wieder auf Sommerzeit umgestellt - von 2.00 auf 3.00 Uhr.

Foto: Patrick Seeger

<h2>Pro: Ja, Winter adé, endlich Licht. Außerdem: Ohne Sommerzeit bestünde die Gefahr unterschiedlicher Zeitzonen in Europa.

Am Wochenende wird wieder an der Uhr gedreht; die meisten müssen nachgucken, ob vor oder zurück. Die Antwort lautet: vor. Man verliert eine Stunde Schlaf, das macht den Ärger noch größer. Alle Argumente der Gegner der Umstellung stimmen. Die Sache bringt nicht viel, außer den Biorhythmus gewaltig aus dem Gleichgewicht, sie ist lästig, teuer und aufwändig. Es ist ein gut gemeinter, aber schlecht gemachter Ökoquatsch, denn Energie wird damit praktisch gar nicht gespart. Also ergeht auch jetzt wieder deutschland- und europaweit der Ruf: Schluss mit der Uhrumstellung! So weit, so gut. Bloß: Welche Zeit soll es denn künftig sein? Diese Frage wird in den Umfragen, die stets Mehrheiten gegen die Uhrendreherei ergeben, nie gestellt.

Aus gutem Grund. Würde sie nämlich gestellt werden, auch mit der nötigen Zuspitzung, dann sähe das Meinungsbild wahrscheinlich doch anders aus. Vor allem, wenn die Frage lauten würde: Wollt ihr, dass künftig in Deutschland immer Winterzeit ist. Immer Dunkelzeit? Wollt ihr die lauschigen Abende aufgeben? Soll in Trier künftig am längsten Tag des Jahres, dem 21. Juni, die Sonne schon um 20.45 Uhr statt 21.45 untergehen und im warmen August, dann wenn man mal ohne Jacke draußen sitzen kann, schon um 19.50 statt 20.50 Uhr? In Berlin, an der Ostflanke des Landes, alles noch einmal zwölf Minuten früher? Soll schon so früh Schluss sein mit Fußball, Spaziergang, Tennis, Biergarten?

Fakt ist: Würde die Uhrumstellung abgeschafft, dann würde das ganze Jahr über in Deutschland die Winterzeit gelten. Sie ist die Normalzeit. Das verschweigen die Gegner immer in ihren Presseerklärungen, die jetzt wieder in die Redaktionen schwirren wie die Mücken an die Straßenlampen unserer Sommerabende.

Sie verschweigen auch, dass es sehr schwer werden würde, in Europa eine neue, einheitliche Regelung hinzubekommen, denn ohne Sommerzeit geht in Minsk im Juni die Sonne schon um 3.39 Uhr auf. Da kann dann wirklich keiner mehr schlafen. Und in Madrid schon kurz vor neun abends wieder unter, was den ganzen spanischen Lebensstil durcheinander bringt. Es ist eben eine riesige Zeitzone, 3500 Kilometer breit, die mit der Verschiebung um eine Stunde einen ganz guten Kompromiss gefunden hat. Weil die Sonne im Sommer nun mal so weit im Norden steht.

Ohne Sommerzeit bestünde die Gefahr unterschiedlicher Zeitzonen in Europa, das wäre auch ziemlich kompliziert. Die jetzige Lösung ist nicht perfekt. Aber doch besser als die Alternative. Dunkel wird es jedes Jahr im Herbst früh genug. Am Sonntagabend werden wir alle das wieder genießen. Sonnenuntergang um halb acht. Winter ade. Endlich Licht.

Nein schon deshalb muss die Zeitumstellung wieder abgeschafft werden: damit sich keiner mehr folgende, nervige Frage zweimal im Jahr stellen muss: Wird die Uhr jetzt eine Stunde vor- oder zurückgestellt? Diesmal übrigens eine Stunde vor. Und so sollte es nach der Abschaffung auch bleiben, denn die Sommerzeit bedeutet mehr Lebensqualität.

Ein "Contra Zeitumstellung" von Hagen Strauß.

Selbstverständlich gibt es noch andere Gründe, dem Brüsseler Unsinn endlich den Garaus zu machen. Brüsseler Unsinn deswegen, weil die Einführung der Uhrumstellung im Jahr 1980 zwar gut gemeint gewesen ist, aber sich in den letzten Jahrzehnten die Erkenntnislage klar verändert hat. Glaubte man seinerzeit noch, Energie einsparen zu können, so steht inzwischen fest: Ziel verfehlt. Zwar knipsen die Bürger durch die Umstellung im Sommer tatsächlich abends weniger häufig das Licht an — dafür wird im Frühjahr und Herbst morgens mehr geheizt. Der Effekt verpufft also. Das hat die EU-Kommission schon vor Jahren eingeräumt, unlängst kam ein Gutachten des Bundestages zu einem ähnlichen Ergebnis.

Aber es gibt noch mehr Argumente, warum die Uhrumstellung Mumpitz ist. Sie bereitet auch den Menschen viel größere Probleme, als in früheren Jahren angenommen wurde. Der Biorhythmus passt sich erst einige Tage nach der Umstellung an. Dauer-Müdigkeit und Konzentrationsprobleme können bei allen die Folge sein.

Konkret sagen Experten sogar, dass „selbst binnen vier Wochen nach der Umstellung der Anpassungsprozess nur unvollständig beziehungsweise gar nicht“ gelinge. Das sollte man den Leuten dann doch bitteschön endlich ersparen. Wem das alles noch nicht als Beleg für den Unsinn der Umstellung reicht, dem sei auch dieses noch gesagt: Der organisatorische Aufwand in der Folge ist immens, nicht nur, weil an den Zeigern von Millionen Uhren gedreht werden muss.

Für Nachtarbeiter bedeutet die Umstellung zwar eine kürzere Arbeitszeit, oft aber auch weniger Gehalt — etwa wenn sie pro Stunde bezahlt werden. Mag jetzt keine große Summe sein, aber immerhin. Und auch das ist belegt: Milchkühe, so kürzlich der Bauernverband, müssen möglichst sanft an die neuen Melkzeiten gewöhnt werden, ansonsten könnte sich der Ertrag reduzieren.

Also weg mit dem Unsinn. Mehrere parlamentarische Initiativen im Bundestag oder im Europaparlament hat es dazu inzwischen gegeben, bislang erfolglos. Selbst die CDU hat 2014 auf ihrem Europa-Parteitag in Berlin die Abschaffung beschlossen. Der einzige Grund, warum die Bürger dennoch immer wieder mit dem Drehen an der Uhr behelligt werden, ist der: Einmal beschlossen, immer beschlossen. Und das ist genauso ärgerlich wie die Zeitumstellung selbst.

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