Porträt: Sie hat im Kölner Dom das Sagen

Die Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner führt den unendlichen Bau fort und freut sich, wenn über ihre Arbeit gestritten wird.

<strong>Köln. "Es ist wunderbar, wenn die Sonne durch das Fenster scheint und die Pfeiler und Mauern mit Farbflecken überzieht." Es gibt sicher Menschen, die nüchterner über ihren Arbeitsplatz sprechen als Barbara Schock-Werner. In ihrer graubraunen Tuchhose, dem rostroten Pullover und mit ihrem ausgefallenen Schmuck könnte sie auf den ersten Blick Künstlerin sein oder Bibliothekarin. Doch Barbara Schock-Werner ist Dombaumeisterin in Köln - und damit Herrin über einen Etat von rund sieben Millionen Euro und ein Heer von Steinmetzen, Handwerkern und Dachdeckern. Geliebt hat sie Kirchen schon immer. Ihre Dissertation schrieb die Kunsthistorikerin über das Straßburger Münster im 15. Jahrhundert. Und der Beruf des Dombaumeisters hat sie früh fasziniert. "Ich habe nur nie gedacht, dass ich das jemals werden würde." Inzwischen ist sie es seit neun Jahren - und hat ganz andere Sorgen. Denn nicht jede ihrer Entscheidungen ist unumstritten. Über das Fenster von Gerhard Richter wurde viel diskutiert. Und ihre Entscheidung, den alten Glasbestand aus dem 19. Jahrhundert wieder einzusetzen, brachte ihr den Vorwurf einer unzulässigen "Re-Romantisierung" des Domes ein.

Im Urlaub geht sie gern ein bisschen fremd

Davon lässt sich die energiegeladene 61-Jährige nicht beirren. "Es ist doch besser, die Menschen setzen sich mit dem auseinander, was im und um den Dom geschieht. Man stelle sich vor, niemand hätte über das neue Fenster gesprochen. Das wäre viel schlimmer gewesen." Obwohl sie ihren Arbeitsplatz sehr liebt, vergisst sie doch nie, dass es eigentlich ein Gotteshaus ist. Barbara Schock-Werner ist katholisch - Voraussetzung für ihre Stelle. Und so arbeitet sie dort nicht nur, sondern betet auch.

Natürlich nicht, wenn der Dom voller Besucher ist, sondern zu ruhigeren Zeiten, frühmorgens oder in den Abendstunden. "Der Dom wird für mich in erster Linie immer eine Kirche sein. Ein Ort, wo Menschen eine Liturgie feiern und zusammen sind." Darum trägt sie die Entscheidung, für den Dom keinen Eintritt zu nehmen, voll mit. "Es muss auf dieser Welt auch kommerzfreie Räume geben. Was könnte das besser sein als ein Gotteshaus?"

Nicht nur das moderne Fenster von Richter fällt in ihre Zeit, auch der neue Zugang zum Südturm, der demnächst direkt durch das Fundament führen wird, ist ihr zuzuschreiben. Einmal mehr zeigte sich dabei, mit wie viel Engagement sie sich einsetzt: "Die Bohrkerne aus dem Fundament haben wir gegen eine Spende abgegeben. So sind über 12 000 Euro für den Dom zusammenkommen."

Persönlich: Barbara Schock-Werner wurde am 23. Juli 1947 in Ludwigsburg geboren. Sie ist mit einem Kunsthistoriker verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Beruflich: Die Handwerker-Tochter studierte nach der Mittleren Reife und einer Bauzeichnerlehre Architektur und Kunstgeschichte in Stuttgart. Als promovierte Kunsthistorikerin arbeitete sie als Dozentin an der Akademie für Bildende Künste in Nürnberg. Seit 1999 ist sie Dombaumeisterin in Köln

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