Porträt: Der Elfenkönig vom Niederrhein

Bernhard Hennen ist einer der erfolgreichsten deutschen Fantasy-Autoren. Er schreibt in der ehemaligen Uerdinger Burg.

Krefeld. Der König der Elfen residiert, wie es sich gehört, in einer Burg. Er sitzt im Turm, schaut in Richtung Rhein und lässt die Gedanken schweifen - zum Berg Albenhaupt, ins verbrannte Land Bainne Tyr und zur Nachtzinne, der Felsenburg der Trolle.

Wer draußen über den Deich spazieren geht und auf Industrie-Ruinen und Schlote schaut, ahnt nicht, dass im Eckturm der ehemaligen Uerdinger Burg Fantasy-Romane entstehen.

Mehr als eine Million Mal haben sich die Bücher von Bernhard Hennen laut Heyne-Verlag verkauft - nicht eingerechnet die Übersetzungen in sechs Sprachen.

Spezialisiert hat sich Hennen auf Elfen, jene Lichtgestalten, die so gütig und salbungsvoll auf dem Pfad der Gerechten wandeln, dass man sich kaum vorstellen kann, sie 911 Seiten lang zu ertragen. So dick ist allein der gerade erschienene vierte Band des Zyklus "Elfenkönigin".

Doch Hennens Bücher - und vor allem seine Elfen - sind anders als erwartet. "Ich versuche, das gängige Gut-Böse-Klischee zu vermeiden", sagt der Autor. "Elfen sind nicht nur strahlende Wesen, sondern auch sehr machtbewusst." Bei Hennen stehen Helden nicht unter Artenschutz: "Ich finde es langweilig, wenn der Leser nach 50 Seiten weiß, wer am Ende auf jeden Fall überlebt."

Wenn der 43-Jährige über seine Arbeit spricht, wirkt er überhaupt nicht wie ein regelmäßiger Besucher fremder Welten, eher wie ein bodenständiger Arbeiter. Offen gesteht er, sich den Elfen auch aus Kalkül zugewandt zu haben. "Damals lief ,Herr der Ringe’ erfolgreich im Kino."

Hennens Neigung zu Fantasy ist jedoch älter, auch sie begann mit Tolkiens Klassiker. "Als Jugendlicher hat mir mein Sportlehrer die Bücher empfohlen", erzählt Hennen. Zwar landete der gebürtige Krefelder nach der Schule zunächst im Journalismus, blieb seiner Leidenschaft jedoch nebenher treu und schrieb erste Geschichten. Zudem arbeitete er sich durch das Werk des deutschen Fantasy-Papstes Wolfgang Hohlbein.

Es mag ein Wink des im Genre gern bemühten Schicksals gewesen sein, dass er eben jenen Bestseller-Autor für eine Zeitung porträtieren sollte. Nach dem Interview fragte er frech, ob er ihm eine eigene Buchidee vorstellen dürfe. Hohlbein hörte zu und stellte den Neuling flugs im Verlag vor. Zweifel des Lektors zerstreute er resolut: "Wenn sich herausstellen sollte, dass Herr Hennen nicht schreiben kann, schreibe ich das Buch eben zu Ende."

Schnell war klar, dass die Hilfe Hohlbeins nur bedingt nötig war. Hennen schrieb Fantasy, Jugendbücher und historische Romane - doch es dauerte zehn Jahre bis zum Durchbruch. "Das war auch finanziell hart", sagt Hennen, der sich unter anderem als Schwertkämpfer in Mittelalter-Shows über Wasser hielt.

Die lange Durststrecke hat ihn bescheiden gemacht, aber auch hellwach. Hennens Domizil ist kein Elfenbeinturm, er beobachtet seine Branche. "Im Buchgeschäft geht es zu wie bei Aldi und Co.", sagt er. "Diese Abläufe zu verstehen, hilft auch gegen Frust."

Morgens um 10 Uhr sitzt Hennen am Schreibtisch, ausgerechnet dort, wo der Niederrhein wie ein Ausläufer des Ruhrgebiets wirkt. "In einem idyllischen Tal würde ich mich nicht wohlfühlen", sagt Hennen. "Den Rhein hatte ich schon als Kind in der Nähe, so wie den leuchtenden Himmel über dem Stahlwerk." Das sieht aus der Ferne vermutlich gar nicht so anders aus als ein Sonnenuntergang in Albenmark, der Heimat der Elfen.

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