Polizei hatte Dennis-Täter schon früh im Visier

Verden/Stade (dpa) - Der geständige Täter im Mordfall Dennis ist schon vor Jahren ins Visier der Fahnder geraten. Die Hamburger Polizei hatte den Mann schon Ende 2008 um die freiwillige Abgabe einer Speichelprobe gebeten.

„Er ist der Vorladung aber nicht nachgekommen“, sagte Wilhelm Möllers von Hamburger Staatsanwaltschaft am Dienstag. Der Sprecher bestätigte damit einen Bericht der Zeitung „Die Welt“ (Mittwoch). Nach Ansicht der Anklagebehörde konnte Martin N. nicht zu einer Speichelprobe gezwungen werden: „Die gesetzlichen Voraussetzungen zur zwangsweise Entnahme lagen nicht vor.“

Die Staatsanwaltschaft Hamburg führte insgesamt drei Verfahren gegen den Mann. Im Januar 2005 erhob die Behörde Anklage wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs von zwei sechs und acht Jahre alten Jungen. Der Pädagoge sollte sie in seiner Hamburger Wohnung minutenlang am Bauch gestreichelt haben. Das Amtsgericht Hamburg-Harburg stellte das Verfahren jedoch im April 2005 gegen Zahlung einer Geldauflage von 1800 Euro ein. Wegen der versuchten Erpressung eines Sozialarbeiters aus Berlin wurde er dann allerdings verurteilt.

Der am vergangenen Mittwoch in Hamburg gefasste 40-Jährige gestand drei Morde an Kindern und rund 40 Missbrauchsfälle. Seither prüft die Polizei nun weitere unaufgeklärte Taten und neue Hinweise. Unter anderem gehen Fahnder in Baden-Württemberg einen möglichen Zusammenhang mit einem ungeklärten Mord an einem elfjährigen Schüler vor mehr als zehn Jahren nach. Zu Berichten über angebliche weitere Taten des geständigen Pädagogen Martin N. äußerten sich die Ermittler am Dienstag nicht. „Ermittlungsdetails geben wir derzeit nicht preis“, sagte ein Sprecher der Sonderkommission „Dennis“.

Der Soko-Sprecher sagte: „Es gibt Dutzende neue Hinweise. Die müssen alle bewertet werden.“ Der Fahnder ist sicher, das dies noch weiter zunehmen wird und neue Hinweise sicher nicht nur aus der Region kommen würden. Es sei ja bekannt, dass auch der Täter vor Landesgrenzen nicht haltgemacht habe. Berichte über weitere Verbrechen würden nicht kommentiert. „Wir müssen eine Spanne von 25 Jahren dokumentieren.“

Die Justiz denkt darüber nach, das Verfahren zu beschleunigen. „Es ist durchaus denkbar, dass alle gestandenen Taten zunächst abgetrennt zur Anklage gebracht werden“, sagte der Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft in Stade, Kai Thomas Breas. Alle weiteren Ermittlungen und mögliche Taten könnten dann auch Gegenstand eines zweiten Verfahrens werden.

Martin N. hatte bei seiner Vernehmung am vergangenen Donnerstag gestanden, zwischen 1992 und 2001 drei kleine Jungen umgebracht zu und Dutzende Kinder missbraucht zu haben. Die Ermittler glauben, dass der bei der Fahndung als „Maskenmann“ bekanntgewordene Täter auch für die gewaltsamen Tod von zwei Elfjährigen in den Niederlanden und in Frankreich verantwortlich sein könnte. Ein Bewegungsprofil soll zeigen, für welche weiteren Taten er möglicherweise in Frage kommt.

Der Ermittlungserfolg der Soko „Dennis“ rief auch die Fahnder in Baden-Württemberg auf den Plan. Dort ist ein Mord an einem Jungen seit mehr als zehn Jahren unaufgeklärt. Die DNA-Spuren würden routinemäßig abgeglichen, sagte ein Sprecher der Polizei in Böblingen. Die „Bild“-Zeitung hatte von den Ermittlungen berichtet.

Der elfjährige Schüler Tobias war im Oktober 2000 mit zahlreichen Messerstichen an einem Teich in Weil im Schönbuch tot aufgefunden worden. An der Kleidung des Kindes wurden damals zwei fremde DNA-Spuren sichergestellt. Doch auch eine der größten DNA-Massentests im Land, bei der 13 000 Menschen überprüft wurden, lieferte den Ermittlern keine Hinweise.

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