Polizei befreit Kind aus Gewalt seines Vaters

Bad Langensalza (dpa) - Ein Spezialkommando der Polizei hat nach stundenlangem Nervenkrieg in Thüringen einen vierjährigen Jungen wohlbehalten aus der Gewalt seines Vaters befreit.

Der bewaffnete 30-Jährige hatte sich mit dem Jungen als Geisel in seiner Wohnung vor der Polizei verschanzt. Die Lage war eskaliert, nachdem Beamte gegen Mittag bei ihm klingelten, weil er in einem Supermarkt eine Tüte Lebensmittel gestohlen hatte. Der Mann drohte: Die Polizisten sollten gehen, „sonst sterben alle“ und es würde alles in die Luft fliegen.

Danach begannen stundenlange telefonische Verhandlungen zwischen ihm und Spezialisten der Polizei. Allerdings seien die Gespräche mit dem Mann zuletzt immer schwieriger geworden, sagte ein Polizeisprecher. Deshalb habe das Spezialeinsatzkommando um 18.00 Uhr einen günstigen Moment während eines Gesprächs genutzt, um die Wohnung zu stürmen. Der Mann im roten Trainingsanzug habe sich widerstandslos festnehmen lassen. Das Kind wurde wenige Minuten später in eine Jacke gehüllt zu seiner Mutter gebracht. Kurz darauf führten zwei Polizisten in Zivil den 30-Jährigen ab.

Zunächst hatte die Polizei noch gehofft, den Mann zum Aufgeben bewegen zu können. Zwischenzeitlich bekam die Polizei auch den Jungen ans Telefon, der sagte, dass es ihm gut gehe. Eine Erstürmung der Wohnung durch das schwer bewaffnete Spezialeinsatzkommando käme nur als allerletzte Konsequenz bei Gefahr für das Kind infrage, sagte Polizeisprecher Thomas Soszynski noch am Nachmittag. Um den Mann nicht durch eine martialische Szenerie weiter unter Druck zu setzen, hatte die Polizei auch auf eine weiträumige Absperrung verzichtet. Nur die unmittelbar angrenzenden Wohnungen seien geräumt worden.

Begonnen hatte das Geschehen um 9.00 Uhr in einem nahegelegenen Einkaufsmarkt, wobei die Darstellungen der Polizei und der betroffenen Supermarktkette Tegut stark voneinander abweichen. Nach Angaben eines Tegut-Sprechers kam der Mann gemeinsam mit seinem kleinen Sohn in den Laden und habe eine Tüte mit Lebensmitteln mitnehmen wollen, ohne zu bezahlen. Als ihn Mitarbeiter des Marktes ansprachen, habe er sich geweigert, zu bezahlen. Die Angestellten hätten eine Pistole bemerkt, die der Mann am Körper getragen habe. Allerdings hätte der 30-Jährige sie weder demonstrativ vorgezeigt noch die Marktmitarbeiter damit bedroht. Die Polizei sprach dagegen davon, dass der 30-Jährige eine Waffe gezogen und eine Kassiererin damit bedroht habe.

Der 30-Jährige ist bisher nicht polizeibekannt. Er sei verheiratet, allerdings lebe das Paar seit einiger Zeit getrennt, auch wenn die Frau noch „Zugriff“ auf die Wohnung habe. Sie war von der Polizei während des Verhandlungsmarathons in das viergeschossige Haus gebracht worden, in dem die Wohnung liegt. Es wird vermutet, dass der 30-Jährige wegen einer psychischen Erkrankung Medikamente einnehmen muss.

Medienberichte, wonach der Mann Schlangen halte, wies der Polizeisprecher zurück. Das gehe bisher nur auf Gerüchte aus der Nachbarschaft zurück, ebenso wie Behauptungen, er besitze auch eine abgesägte Schrotflinte. Gesehen habe ihn damit aber niemand. Ob er legal eine oder mehrere Waffen besitzt, wollte das zuständige Landratsamt des Unstrut-Hainich-Kreises nicht sagen. Auch die Polizei machte dazu keine Angaben.

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