Oft hat ein Einzelner Schuld

Mit mehr Aufmerksamkeit könnten Fahrer zehn Prozent der Staus verhindern, sagt Stau-Forscher Michael Schreckenberg.

Düsseldorf. Ein einzelner Autofahrer hat oft Schuld daran, dass der Verkehr auf den Straßen zum Erliegen kommt. Er guckt aus dem Fenster, spielt mit dem Handy, stoppt sein Auto. Auch der Hintermann muss bremsen. Sobald der Erste im Zähfluss stehenbleibt, setzt sich eine Stauwelle in Bewegung. Mit einer Geschwindigkeit von 15 Stundenkilometern rollt sie ans Stauende. Immer wieder.

Für Dr. Michael Schreckenberg, Stau-Forscher an der Universität Duisburg-Essen, ist es stets das gleiche Bild. "Die Straßen haben eine begrenzte Kapazität. Ein kleiner Anlass hat dann eine große Wirkung", berichtet er. So auch am Dienstag vergangener Woche, als NRW mit insgesamt 314 Kilometern Stau einem Verkehrsinfarkt erlag.

Nach Gründen für das extreme Verkehrsaufkommen gerade an diesem Tag suchen die Experten immer noch. "Rätsel und Achselzucken", kommentiert StraßenNRW-Sprecher Bernd Löchter. Sicher hätten im November kaum Menschen Urlaub, und Autofahrer verhielten sich bei schlechten Wetterverhältnissen defensiver. Zentrale Verkehrsachsen befänden sich jedoch unabhängig davon regelmäßig an der Belastungsgrenze.

20 bis 30 Dauerbaustellen gebe es derzeit im Land. "Seit 2006 haben wir über 80 Staumonate eingespart", erklärt Löchter. Bei der Ausschreibung habe StraßenNRW nicht unbedingt auf das billigste Unternehmen zurückgegriffen, sondern auch darauf geachtet, dass die geplante Bauzeit möglichst kurz sei. "Da wird bundesweit neidisch nach NRW geguckt", sagt Löchter. Straßen NRW sei bemüht, größere Sperrungen und auch Baumschnittarbeiten außerhalb der Hauptverkehrszeiten anzusiedeln, um Staus zu vermeiden.

Bernd Löchter sieht jedoch durchaus Verbesserungsmöglichkeiten. Im Bereich der Telematik liege NRW weit vorne. In Ballungszentren wie um Köln und auch Düsseldorf zeigen Leuchtschilder über der Bahn Staus an und verweisen auf mögliche Umleitungen. "Kapazitäten von Autobahnen besser nutzen" ist für Bernd Löchter das Stichwort. Dies könne ausgeweitet werden.

Bis Anfang 2011 soll es eine Verkehrszentrale NRW geben. Unter anderem der Landesbetrieb Straßen, der WDR und die Lokalradios, der ADAC und die Polizei sollen sich daran beteiligen, weiß Heike Dongowski, Sprecherin des Landesverkehrsministeriums. Damit sollen Stauhinweise im Radio genauer werden. Zudem sollen Autofahrer Staumeldungen per Handy abrufen können.

"Zehn Prozent der Staus könnten Autofahrer durch Kooperation und Aufmerksamkeit verhindern", weiß Stauforscher Michael Schreckenberg. 80 Prozent der Handytelefonate würden während des Staus im Auto geführt, weiß der Experte. Denn: "Stau ist eine tote Zeit." Solche Unaufmerksamkeiten führten zu weiteren Stockungen.

"Abstand halten", empfiehlt Michael Schreckenberg. So könne der Fahrer das Stoppen des Vordermanns ausgleichen. Der Verkehr bliebe dann immerhin zähfließend. Das Problem: "Ein anderer quetscht sich bestimmt in die Lücke, weil er denkt, dass es schneller geht."

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