Forschung Ökosystem der Lagune von Venedig in Corona-Zeiten sichtbar

Venedig · Zoologen nutzen das stille und klare Wasser für ihre Forschung in der Lagune von Venedig. Viele Wassertiere seien in den Kanälen mitten im Stadtzentrum unterwegs.

 Gondeln liegen auf dem Canal Grande. Der Bootsverkehr steht in Venedig still. Dadurch klart das Wasser auf und das Ökosystem wird sichtbar.

Gondeln liegen auf dem Canal Grande. Der Bootsverkehr steht in Venedig still. Dadurch klart das Wasser auf und das Ökosystem wird sichtbar.

Foto: dpa/Andrew Medichini

Fischschwärme, Krabben, Seegras: In Venedig offenbart sich während der Corona-Pandemie das natürliche Ökosystem der weltberühmten Lagune - weil neben dem öffentlichen Leben auch der Bootsverkehr stillsteht. "Die Flora und Fauna der Lagune haben sich während der Ausgangssperre nicht verändert. Aber was sich verändert hat: Wir haben die Möglichkeit, sie jetzt zu sehen", sagte der Zoologe Andrea Mangoni der Nachrichtenagentur AFP.

Mit Kameras erforscht Mangoni zurzeit das Unterwasserleben der Lagunenstadt. In 20 Jahren Arbeit in Venedig habe er dort noch nie so klares Wasser gesehen, erzählt er. "Jetzt können wir 50 bis 60 Zentimeter und manchmal sogar einen Meter tief sehen. Dadurch können wir nun Tiere entdecken, die vorher buchstäblich in den trüben Gewässern versteckt waren", sagt Mangoni weiter.

Zudem seien nun viele Wassertiere in den Kanälen mitten im Stadtzentrum unterwegs, die vorher von Motorbooten und anderen Wasserfahrzeugen vertrieben wurden. Ein von Mangoni gedrehtes Video einer Qualle, die durch das klare Kanalwasser schwimmt, wurde in Online-Netzwerken vielfach geteilt. Früher seien Quallen zwar auch in die Kanäle geschwommen, jedoch seien viele im Bootsverkehr verendet. Der Zoologe findet, das Leben in Venedig sei zurzeit "wie auf einem Korallenriff".

Auch Marco Sigovini, Forscher am venezianischen Institut für Meereswissenschaften, berichtet, er habe im Zentrum der Stadt nun erstmals Meerestiere gesehen. Nicht nur die vom Bootsverkehr verursachte Verschmutzung der Lagune sei in der Corona-Pandemie zurückgegangen, sondern auch der von den Fahrzeugen ausgehende Lärm, der "eine andere Art der Verschmutzung" darstelle und viele Lebewesen in der Lagune gefährde, erklärt er.

Jedoch geht der Meeresforscher nicht davon aus, dass sich der Zustand der Lagune langfristig verbessern wird. "Höchstwahrscheinlich werden diese wenigen Monate der Abriegelung nicht ausreichen, um die Qualität unseres Ökosystems wirklich zu verändern", sagt Sigovini.

Im Zuge der Corona-Pandemie ist die Touristenstadt Venedig, die sonst Millionen Besucher aus aller Welt beherbergt, seit Anfang März abgeriegelt. Italien ist das am schlimmsten von der Pandemie betroffene Land Europas. Insgesamt starben dort bislang fast 27.000 Menschen an den Folgen einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus. Nach wochenlangem Stillstand kündigte Regierungschef Giuseppe Conte am Sonntag eine schrittweise Lockerung der seit dem 9. März geltenden Ausgangssperre an.

amd/mid

(AFP)
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