Obamas Wahlkampf hört nie auf

Um seiner schwindenden Popularität entgegenzuwirken, trat er als erster US-Präsident in einer Mitternachtsshow auf.

Los Angeles. Barack Obama tut in diesen schweren Zeiten, was er am besten kann: Er sucht seine Landsleute zu begeistern und mitzureißen, Bürgernähe zu zeigen. Aber im NBC-Fernsehstudio von Los Angeles erfährt der US-Präsident die Tücken des neuen Politikstils, der mit ihm ins Weiße Haus eingezogen ist. Zwar scherzt er bei Talkshow-Star Jay Leno über den versprochenen Hund für seine Töchter, was ja wohl ein "Wahlkampfversprechen" sei, das sowieso niemand ernst nehme. Oder er feixt über exzessive Sicherheitsvorschriften, weil ihm stets "der Arzt mit einem Defibrillator" sowie ein "Hundeschlitten und ein U-Boot" folgten.

Obama hat aber auch eine ernste Botschaft, er will angesichts der Wirtschaftskrise Vertrauen und Optimismus der Amerikaner stärken. Es ist eine schwierige Gratwanderung - und Obama zeigt Nerven. Als er sich nach der enthusiastischen Begrüßung im Studio in den Sessel setzt, knöpft er seine Anzugsjacke erst auf und dann wieder zu - was etwas unbeholfen aussieht.

Das Risiko des ungewöhnlichen TV-Auftritts wurde ihm spätestens bewusst, als NBC jubelnd verkündete, dass mit Obama erstmals ein amtierender Präsident eine Mitternachtsshow besuchen werde. Amtierende Präsidenten hatten diese Show bisher gemieden, um sich nicht dem Vorwurf der Unseriosität auszusetzen. Und nicht nur Republikaner mäkelten, der Präsident solle sich lieber um Krisen und Skandale kümmern. Doch der 47-Jährige kämpft um die Zustimmung seiner Landsleute, als wären schon morgen wieder Wahlen.

Aber Obama sieht sich zur Offensive gezwungen. Der Geist des Wahlkampfs, in dem Millionen sich freiwillig für Obama ins Zeug legten, soll wiederbelebt werden. Eine Ende der Wirtschaftskrise ist nicht absehbar, die Stimmung im Land ist schlecht, und Obama gerät immer mehr in die Kritik. Er selbst musste zugeben, bei Personalentscheidungen "Mist gebaut" zu haben. Immer schwerer fällt es ihm, seine Landsleute vom Sinn gigantischer Summen zur Rettung der Finanzbranche zu überzeugen. Das Vertrauen in Obama scheint zu erodieren, seine Popularitätswerte verschlechtern sich.

Frei von Pannen war der TV-Auftritt nicht. Auf sein mangelndes Talent beim Bowling angesprochen, das seit seinem Wahlkampf die Pointe vieler politischer Witze ist, meinte Obama, "dass ich beim Bowling so aussehe, als gehöre ich in die Behindertenolympiade". Ein Faux Pas, für den er sich später entschuldigte und den das Weiße Haus zum Anlass nahm, eine Richtigstellung zu veröffentlichen. Obama habe "in keiner Weise" beabsichtigt, die Paralympics und den Behindertensport zu verunglimpfen.

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