NRW sucht Lebensretter: Nachwuchsmangel bei der DLRG

Ehrenamtliche Helfer der DLRG und der Wasserwacht haben im Jahr 2012 17 Badegäste vor dem Ertrinken bewahrt.

Düsseldorf. Michael Wittstock steht knietief im Wasser, die Sonne scheint ihm auf den Kopf. Was nach Urlaub klingt, ist eigentlich Arbeit: Er ist Rettungsschwimmer, und das schon sein halbes Leben lang. Der Job gibt dem 60-Jährigen ein gutes Gefühl: Bisher habe er jeden in Not geratenen Badegast retten können, erzählt er.

Das klingt nach einer tollen Aufgabe — doch bei Vereinen wie der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) oder der Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) droht ein Nachwuchsmangel. Dabei sind Rettungsschwimmer dringend nötig, wie viele tödliche Unfälle zeigen. Allein in NRW gab es zuletzt kaum ein Sommer-Wochenende ohne Badetote.

Der Sprecher der DLRG Nordrhein, Michael Grohe, nennt verschiedene Ursachen für die Probleme. So erschwere das Bädersterben und damit der Wegfall von Trainingsmöglichkeiten die Ausbildung neuer Rettungsschwimmer.

Die Vereine lassen sich einiges einfallen, um dem Schwund entgegenzuwirken. Die DLRG Nordrhein, deren Gebiet sich vom Niederrhein bis in die Eifel erstreckt, versucht mit Aktionen wie dem „Tag des Wasserretters“ gezielt Kinder anzusprechen. Die DRK-Wasserwacht plant für 2014 ein Projekt mit dem Titel „Zukunft Schwimmen“, wie Landesleiter Dieter Schneider-Bichel sagt.

Laut DLRG sind im vergangenen Jahr 47 Menschen allein in NRW ertrunken. Auch in diesem Jahr häufen sich seit Beginn der Sommerhitze die Todesfälle an den Badeseen. Eine Stichprobe der DLRG Anfang Juli hat ergeben, dass bundesweit schon mehr als doppelt so viele Menschen ertrunken sind wie zu diesem Zeitpunkt 2012.

Rettungsschwimmer Wittstock arbeitet am Unterbacher See, einem der beliebtesten Freizeitgebiete der Landeshauptstadt Düsseldorf. Auch hier gab es Anfang Juli einen tragischen Fall: Ein zwölfjähriger Junge kam ums Leben, als er auf einem Tretboot unterwegs war und ins Wasser fiel. Wittstock musste einen solchen Todesunfall noch nicht miterleben, wie er sagt. Bei dem jüngsten Unglück an einem Montag war der Vater von zwei Kindern nicht im Dienst. Er ist Maschinenbaukonstrukteur und opfert meistens seine Sonntage für sein Ehrenamt am Unterbacher See. Wittstock behält für die DRK-Wasserwacht das Südufer des 2,5 Kilometer langen Gewässers im Blick — gemeinsam mit bis zu 25 anderen Rettern.

An 44 Badestellen in der Region Nordrhein sind laut Landesleiter Schneider-Bichel 1000 Ehrenamtliche der DRK-Wasserwacht unterwegs. Bei der DLRG helfen in der Region Nordrhein 6000 Rettungsschwimmer. Laut DLRG konnten die Helfer im vergangenen Jahr 17 Menschen vor dem Tod bewahren.

Mit einer Fahrkarte und bis zu zehn Euro für Verpflegung werde das Engagement bei der DRK-Wasserwacht bezahlt, erläutert Schneider-Bichel. Lebensretter Michael Wittstock hat aber eine andere Motivation: „Es gibt mir eine tiefe Befriedigung, etwas Sinnvolles gemacht zu haben.“

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