Neue Generation Biedermeier: Die Jungen werden zu Spießern
Trendforscher stellen eine Rückwärtsbewegung zu Schrankwand und Schrebergarten fest. Reaktion auf eine beschleunigte Welt.
Hannover. Der Spießer scheint sein Comeback zu feiern. Das Schreckgespenst der Alt-68er wird wieder salonfähig, stellen Trendforscher fest. „Ja, wir sind die, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben“, beschreibt der gerade dem Teenager-Alter entwachsene Autor Philipp Riederle das Lebensgefühl. In seinem Buch „Wer wir sind und was wir wollen“ macht er sich zum Sprecher seiner Generation und meint: „Wir wollen Spießer sein. Mit Ansage!“
In einer komplexen Welt ohne Grenzen und Orientierung suche der mobile Mensch nach Begrenzung, Schutz, Sinn und Geborgenheit, bestätigt der Geschäftsführer des Frankfurter Zukunftsinstituts, Andreas Steinle. Seit 2013 wirbt die Landesbausparkasse LBS augenzwinkernd mit dem neuen Spießer. Dieser sehnt sich nach der heilen Welt im Grünen und schließt dafür Bausparverträge ab. Das Unternehmen hatte vor Jahren schon Erfolg mit einem kleinen Mädchen, das mal Spießer werden möchte. Trendforscher Stephan Grünewald vom Rheingold-Institut bestätigt: „Die LBS hat geradezu prophetische Fähigkeiten bewiesen.“
Es sei keine Erfindung der Werbebranche und auch kein Trend, sagt Zukunftsforscher Steinle, „sondern ein Wertewandel, der seit drei bis fünf Jahren zunehmend spürbarer wird.“ Selbst das Feindbild der 68er-Generation, die massige Eichenschrankwand, sei wieder in: „Wir erleben heute die Renaissance der Schrankwand“, sagt Grünewald, der von einer neuen „Generation Biedermeier“ spricht.