Nato machtlos gegen Piraten

Die Seeräuber fühlen sich trotz der Militärpräsenz sicher. Binnen kurzer Zeit kapern sie drei weitere Schiffe vor Somalia.

Nairobi/Berlin. Die Piraten vor der Küste Somalias kapern unbeeindruckt von internationaler Militärpräsenz weiter Schiffe. Obwohl erstmals ein großes Piratenboot vor der Küste bei einem Seegefecht mit einer indischen Fregatte versenkt wurde, enterten die Seeräuber andernorts drei Schiffe. Nach dem Eingang von Lösegeldforderungen für die Herausgabe des Supertankers Sirius Star und seiner Besatzung wurden Rufe nach einer internationalen Militäroperation laut.

Die Nato denkt offenbar über eine Verstärkung des laufenden Einsatzes nach. Derzeit hat sie vier Schiffe am Horn von Afrika im Einsatz. Zwar wird der Anti-Piraten-Einsatz im Dezember von der Europäischen Union übernommen, die Nato denkt aber über "ergänzende Maßnahmen" nach.

Nach einem Beschluss der EU-Außenminister sollen mindestens fünf Schiffe und mehrere Aufklärungsflugzeuge entsandt werden. Deutschland soll sich mit einer Fregatte beteiligen. Die Regierung will den Bundestag im Dezember darüber entscheiden lassen.Piratenschiff beschießt indische Fregatte - und wird versenkt Die indische Fregatte INS Tabar versenkte in der Nacht zu Mittwoch im Golf von Aden ein sogenanntes Mutterschiff der Seeräuber.

Wie das Verteidigungsministerium in Neu Delhi mitteilte, habe die Fregatte das Piratenschiff zuvor mehrfach zum Halt aufgefordert. Die Piraten hätten dann auf die INS Tabar gefeuert. Das Kriegsschiff habe das Feuer erwidert und das Piratenschiff versenkt.

Die Seeräuber nutzen solche Schiffe, um Schnellboote auf hohe See zu schleppen und dann mit diesen Frachter zu kapern. Am Mittwoch wurde eine Lösegeldforderung der Seeräuber für ihre bisher wertvollste Beute, den Supertanker Sirius Star, bekannt.

Die genaue Summe für die Freilassung der 25 Besatzungsmitglieder und des Tankers, der Rohöl im Wert von 100 Millionen Dollar (79 Millionen Euro) geladen hat, wurde nicht genannt. Der Sender BBC sprach von einem Betrag in Höhe von 200 Millionen Dollar. Die Sirius Star war am vergangenen Samstag von den Piraten gekapert worden und ankert inzwischen bei Haradere, einem Schlupfwinkel der Piraten an der Küste Somalias.

Die Bundesregierung bemüht sich gegenwärtig um Klarheit über die Befugnisse der deutschen Soldaten bei der anstehenden EU-Mission - etwa, ob sie im Kampf gegen Piraten Polizeiaufgaben wie Verhaftungen übernehmen dürften. Nach dem Grundgesetz sind die Aufgaben von Soldaten und Polizisten streng getrennt.

Die Zahl der Schiffe, die sich in der Hand somalischer Piraten befinden, erhöhte sich auf 17. Seeräuber kaperten den unter der Flagge Hongkongs fahrenden Frachter Delight. Vor der somalischen Küste wurde ein thailändischer Trawler geentert.

Zudem soll ein griechisches Schiff Opfer der Piraten geworden sein. Das berichtete der griechische Rundfunk. Andrew Mwangura vom Ostafrikanischen Seefahrerhilfsprogramm erklärte ebenfalls, ihm lägen entsprechende Nachrichten vor. Die griechische Küstenwache hat hingegen keine Informationen über eine Entführung.

Verbrauchern drohen wegen des gestiegenen Risikos von Piraten-Übergriffen auf Fracht- und Tankschiffe höhere Preise. Kämen Schifffahrtsunternehmen zur Ansicht, dass Routen durch den Golf von Aden zu riskant sind, würden viele den deutlich weiteren Weg um Afrika herum wählen, sagt Roger Middleton, Afrika-Experte bei der britischen Denkfabrik "Chatham House".

Das würde die Transportdauer von Fernost nach Europa und Nordamerika um rund drei Wochen verlängern. Dies führe zu höheren Treibstoffkosten, die letztlich die Preise für die Produkte in die Höhe treiben werden.

Versicherungen Ein weiterer Kosteneffekt sind die Versicherungen für Schiffe. Wenn die Zahl der Attacken und die Lösegeld-Forderungen zunehmen, steigen auch die Versicherungsraten. Diese schlagen die Schiffseigner den Unternehmen auf, die die Schiffe chartern.

"Diese werden ihre Kosten an die Verbraucher weiterreichen", erklärte Clive Washbourne vom Versicherer Beazley at Lloyd's der Zeitung The Times. Nach Angaben von Chatham House sind die Versicherungsprämien für Schiffe, die durch den Golf von Aden fahren, schon um das Zehnfache gestiegen. Pro Jahr fahren rund 16 000 Schiffe durch den Golf.

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