200 Jahre Geschichte : Nationalmuseum in Rio bei Großbrand zerstört
Rio de Janeiro (dpa) - Hohe Flammen schlagen aus dem Dachstuhl des São-Cristóvão-Palastes in Rio de Janeiro, alle Fenster sind vom Feuerschein im Inneren des historischen Gebäudes im Stadtpark Quinta da Boa Vista hell erleuchtet, gespenstisch heben sich die Silhouetten der Statuen am Gesims vor der Feuersbrunst ab.
Ein Großbrand hat weite Teile des brasilianischen Nationalmuseums in Rio zerstört. 200 Jahre Geschichte werden innerhalb weniger Stunden ein Raub der Flammen. „Wir wissen noch nicht, wie viel Material zerstört worden ist“, sagte Museumsdirektor Alexander Kellner in einer ersten Stellungnahme am Montag. „Brasilien trauert. Das Feuer betrifft jeden, nicht nur die Institution.“
Das Feuer war am Sonntagabend gegen 19.30 Uhr ausgebrochen, als das Museum bereits geschlossen war. Rasch griffen die Flammen auf fast alle Teile des Gebäudes über. Verletzte gab es nach Angaben der Museumsverwaltung nicht. Die Brandursache war zunächst unklar. Möglicherweise habe ein Ballon oder ein Kurzschluss den Brand ausgelöst, berichtete die Zeitung „Folha de São Paulo“.
Das Museum galt mit seiner geologischen, botanischen, paläontologischen und archäologischen Sammlung als eines der wichtigsten Ausstellungshäuser Südamerikas. Neben Exponaten aus der Region verfügte es auch über ägyptische Mumien, griechische Statuen und etruskische Artefakte. Eines der bekanntesten Ausstellungsstücke ist ein Skelett, das „Luzia“ genannt wurde. Das Fossil eines der ältesten in Amerika gefundenen Homo sapiens ist 12 500 bis 13 000 Jahre alt.
Zudem befand sich in dem Nationalmuseum die Sammlung des deutschen Mineralogen Abraham Gottlob Werner, auf die auch Napoleon Bonaparte ein Auge geworfen hatte. Erst kürzlich waren im Fundus handschriftliche Briefe der brasilianischen Kaiserin Leopoldine aufgetaucht — bislang gänzlich unerforscht.
„Das ist eine Tragödie für die Kultur in Brasilien“, sagte der Direktor des Historischen Museums, Paulo Knauss, dem Sender GloboNews. „200 Jahre Arbeit, Forschung und Wissen sind verloren gegangen“, schrieb der brasilianische Präsident Michel Temer auf Twitter. „Es ist ein trauriger Tag für alle Brasilianer.“