Narren im Glück: Wolkenlose Weiberfastnacht

Köln/Düsseldorf (dpa) - So lange wie dieses Jahr mussten die Narren schon ewig nicht mehr auf die tollen Tage warten - bis in den März! Aber es hat sich gelohnt, denn dafür gab es am Donnerstag schönstes Wetter - warm und sonnig.

Unter wolkenlosem Himmel genossen an Weiberfastnacht Hunderttausende den Auftakt des Straßenkarnevals. Um 11 Uhr 11 stürmten die Narren die Rathäuser. In Düsseldorf nahmen die Möhnen den Bürgermeister gefangen. In Bonn griffen die Waschweiber an. Und in Köln forderte das Dreigestirn die Stadtschlüssel ein. „Wenn ich mich so umschaue, ist es noch ein farbenprächtigeres Bild als letztes Jahr“, sagte Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters beim Empfang im Rathaus.

Kostümtrends in diesem Jahr sind Glitzer-Disco-Queen und Flower Power. In Köln gingen auch viele als Lebensmittel, zum Beispiel als Chipstüte, Pommes frites, Broccoli, Möhre oder Maggiflasche. Fernsehserien standen ebenfalls hoch im Kurs: Viele verkleideten sich als Teilnehmer vom „Dschungelcamp“ oder „Bauer sucht Frau“. Auch ausgefallene Kostüme wie Nadelkissen - mit einem mit bunten Nadeln bestickten Hut - Handy, oder Erstklässer mit Schulranzen waren zu sehen.

Dazwischen war der eine oder andere Karnevalsmuffel zu sehen. Oliver Albrecht (47) aus Wanne-Eickel fragte in Köln: „Ist hier ein Kostümfest oder was?“ Leon (13) ging demonstrativ in Zivil zur Schule und meinte zur Verkleidung seiner Mutter kopfschüttelnd: „Ihr seid ja alle krank!“

Große Teile Deutschlands blieben karnevalfreie Zone. Im Rostocker Rathaus reagierte ein Pressesprecher auf eine Nachfrage nach Karnevalsaktivitäten mit den Worten: „Wir machen ernste Dinge und nicht so einen Quatsch.“ Und während die Weiber anderswo ihre Scheren zückten, blieben Männerschlipse in Berliner Büros unversehrt.

In Baden-Württemberg starteten dagegen viele Narren schon vor dem Morgengrauen in den „Schmotzigen Dunschtig“, die heiße Phase der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Im oberschwäbischen Pfullendorf im Kreis Sigmaringen und anderen Orten wurden die Bürger von den Krach schlagenden Narren geweckt.

Einige rheinische Karnevalisten trauerten den „guten, alten Zeiten“ nach: „Heute ist da so viel Alkohol im Spiel. Schon früh um zehn sind viele total besoffen - das muss doch nicht sein“, tadelte die als Pfau verkleidete Gisela Huth auf dem Alten Markt in Köln. „Früher sind an Weiberfastnacht auch wirklich nur die Frauen rausgegangen, so wie es sich eigentlich gehört. Na ja - aber eigentlich ist es ohne die Männer ja auch langweilig.“

Nick Mannheimer aus München war in diesem Jahr zum ersten Mal dabei. „Das ist ja der Wahnsinn, wie kreativ hier alle sind. Ich kenne so was ja ein bisschen vom Oktoberfest, aber hier ist das ja überall.“ Sein Kostüm war eine Mischung aus Schwein und Sträfling - „da darf sich jeder selbst einen Namen für aussuchen.“

Eine der skurrilsten Karnevalsveranstaltungen Deutschlands fand am Donnerstag wohl zum letzten Mal statt: Der „kleinste Karnevalsumzug der Welt“ des 76-jährigen Helmut Scherer im westfälischen Unna. Bereits zum 55. Mal zog der überzeugte Narr in der ansonsten eher karnevalsfreien Stadt an Weiberfastnacht durch die Innenstadt. In den Anfangsjahren war Scherer belächelt und verspottet worden, wenn er verkleidet mit einem selbst geschmückten Bollerwagen allein durch die Straßen zog. Doch nun hatte der Umzug schon lange Kultcharakter.

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