Nach der Euphorie sind die Kumpel am Ende

Der Wirbel übersteigt die Kräfte vieler Bergleute. Mario Sepúlveda wünscht sich in die Tiefe zurück.

Santiago de Chile. Dem Spaßvogel und Moderator der Videos aus der chilenischen Unglücksmine, Mario Sepúlveda, ist knapp zwei Wochen nach der Befreiung das Lachen vergangen. "Wenn ich an die schönen Augenblicke zurückdenke, die wir dort unten erlebt haben, und an die Menschen, die ich lieben lernte, würde ich lieber wieder in der Mine sein", sagte der 39-Jährige im Fernsehen.

Die Männer stehen im Rampenlicht. Interviews ohne Ende, Verhandlungen über die Bezahlung von Auftritten im Fernsehen, Gala-Essen und dazu Stress mit den Familien, wo und zu welchem Preis sie ihre Geschichte erzählen sollen, haben viele der Bergleute an den Rand des Nervenzusammenbruchs getrieben. Alkoholexzesse, Schlaflosigkeit und Angstattacken sind die Folge.

Mit tränenerstickter Stimme und zitternd klagte Sepúlveda bei einem Gala-Dinner, wie schwer ihm und seinen Kameraden "dieses neue Leben" falle. Der Millionär Leonardo Farkas, der das Essen ausgerichtet hatte, musste den schwankenden Sepúlveda stützen.

Bei der Rettung vor eineinhalb Wochen war er noch wie ein Derwisch um das Bohrloch gesprungen, hatte Präsident Sebastián Piñera und das halbe Kabinett umarmt. Jetzt will er nur seine Ruhe und als der anerkannt sein, der er ist: ein Bergmann und nicht ein Weltstar.

Yonni Barrios, der als der "Untreue von Atacama" bekanntgeworden war, weil sich seine Frau und seine Geliebte an der Mine über den Weg liefen und prompt in die Haare gerieten, nahm ebenfalls an dem Essen teil. Aber nur, weil er die fünf Millionen Pesos (7.500 Euro), die Farkas jedem der 33 Bergleute bot, für den Kauf eines Autos brauchen konnte. Mit den Medien sprechen wolle er nicht, klagte seine Stieftochter. Er lasse "alle Chancen auf Geld vorbeirauschen".

"Einem Armen kann nichts Schlimmeres passieren, als über Nacht reich zu werden", sagt der Gewerkschafter Javier Castillo. Die Ansprüche und Ratschläge aus dem "Familienkreis", der sich angesichts der erhofften Einnahmen schnell um Vettern dritten Grades erweitert, setzen den Geretteten schwer zu.

Die "Helden der Tiefe" erscheinen wie Rennpferde, mit denen viel Geld zu verdienen ist. Sie müssen nur "galoppieren", aber gerade das wollen oder können die Arbeiter nicht. Frustration und Streit in den Familien sind die Folge.

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