Aachen Mustang Makeover: Pferde von der Wildbahn in den Showring

22 wilde Pferde kommen aus den USA nach Deutschland und werden trainiert. Nach 100 Tagen zeigen Mustang und Trainer beim Mustang Makeover in Aachen, was sie können.

Aachen: Mustang Makeover: Pferde von der Wildbahn in den Showring
Foto: Maggie Rothange

Aachen. Glitzerspray lässt das Fell in der Sonne funkeln, die Mähne fällt in seidigen Wellen über den Pferdehals, am Kopf einen eleganten Zaum — wie ein Wildpferd sieht Toffifee wahrlich nicht aus. Ist sie aber: Sie ist ein echter American Mustang aus den USA, in einer frei lebenden Herde aufgewachsen, ohne Menschen.

Aachen: Mustang Makeover: Pferde von der Wildbahn in den Showring
Foto: Friederike Scheytt

Doch die romantische Vorstellung vom Leben der Mustangs in der Wildbahn trügt. Überpopulation und die Einschränkung des natürlichen Lebensraumes führen dazu, dass das Nahrungsangebot für die Wildpferde immer knapper wird. Etwa 73 000 Tiere leben in Freiheit, die Weideflächen reichen aber nur für etwa 27 000.

Den Schutz und Erhalt der Mustangs hat sich in den 70er Jahren die US-Behörde Bureau of Land Management zur Aufgabe gemacht. Regelmäßig lässt die Behörde Pferde einfangen und in Auffangstationen bringen, damit die Herden nicht zu groß werden. 46.000 Mustangs warten in diesen Stationen darauf, an Pferdeliebhaber vermittelt zu werden.

Auch Toffifee kommt aus einer solchen Auffangstation. Gemeinsam mit den anderen Mustangs wurde sie Ende April nach Deutschland geflogen. Am Frankfurter Flughafen nahmen die Trainer die Tiere in Empfang. Wer welches Pferd trainiert, entschied das Los. Für Toffifee ging es nach Minden in die Showreitschule von Rabea Schmale. „Ich habe mir vorgenommen, ganz gelassen daran zu gehen“, sagt die Trainerin. Etwas anders kam es dann aber doch. „Mit Toffifee ist es nicht wie mit einem normalen Berittpferd — eher wie mit einem Welpen.“

Die Stute wurde in den USA zwar auf das Verladen vorbereitet, trug bei ihrer Ankunft ein Halfter und ließ sich führen. Berührungen kannte sie jedoch noch nicht, auch eine Box und die mechanische Selbsttränke waren fremd. „Darüber habe ich sie aber gekriegt: Sie hat nicht gewusst, wie die Tränke funktioniert“, erzählt Rabea Schmale. Sie zeigte es der Stute und machte dabei die ersten Berührungen möglich. Schnell fand Toffifee auch Gefallen daran, sich von ihrer Trainerin das Fell kratzen zu lassen — immerhin juckten die Reste des Winterpelzes.

Auf der Reitsportmesse Equitana in Neuss konnten die beiden jetzt zeigen, wie weit sie schon sind. Die Stute ließ sich ruhig durch den Showring zeigen, ließ sich von Fremden streicheln, zuckte bei Applaus kaum mit dem Ohr und zeigte mit dem Kompliment sogar ein erstes Kunststück. Im Vordergrund steht aber, dass das einstige Wildpferd sicher zu handhaben ist, Tierarzt und Hufschmied kennt, auf das Leben als Reitpferd vorbereitet ist. „Ich bilde das Pferd ja nicht für mich aus, sondern möchte, dass der neue Besitzer gut mit ihr zurechtkommt.“

Denn nach 100 Tagen zeigen die Trainer, die aus verschiedenen Sparten der Reiterei kommen, was sie bis dahin mit den Mustangs erreicht haben. Bewertet wird beim Finale in Aachen nicht die höchste Leistung, sondern die Harmonie zwischen Mensch und Pferd. Im Anschluss werden die Mustangs versteigert — das Geld deckt die Importkosten, die bei rund 7000 Euro pro Tier liegen. Das Event soll nicht nur diesen 22 Pferden ein neues Zuhause bescheren, sondern auf die Situation in den USA aufmerksam machen und für den Mustang als robustes, nervenstarkes Reitpferd werben.

„Diese Pferde haben eine Magie, die man nicht greifen kann“, schwärmt Silke Strussione, Initiatorin des Mustang Makeover in Deutschland und selbst Besitzerin von fünf Mustangs. „Sie sind so fein. Man braucht viel weniger, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen.“ Das merken vor allem die Trainer, die im Bereich Horsemanship arbeiten und deren Pferde schon nach vier Wochen frei auf kleine Handbewegungen folgen. „Die Mustangs schließen sich dem Menschen auf ganz besondere Weise an, das packt einen im Herzen“, sagt Strussione. Das spürt auch Rabea Schmale. An einem Wildpferd wie Toffifee habe sie erkennen können, ob ihre Pferdesprache richtig ist. „Ich hätte am liebsten noch vier Wochen länger“, sagt sie. „Der Abschied wird schwer.“

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