Michaela May: "Jede Frau ist ein bisschen Vamp"

Die Schauspielerin erinnert sich an die wilden Jahre der 68er und erklärt, warum Schönheits-Operationen nichts nützen.

München. Michaela May seufzt: "Als Mutter muss man Vorbild sein, und das war ich leider nicht." Wenigstens nicht in Sachen Saxophonspiel. Das war mal ein Hobby der Schauspielerin, und die Töchter, inzwischen 19 und 25, zogen mit. Aber dann hatte sie doch wieder zu viel zu tun, das Instrument wurde beiseite gelegt, und da hatte der Nachwuchs auch keine Lust mehr. Das war das Aus für den Traum von der Mayschen Familienband.

Doch jetzt übt Michaela May wieder fleißig. Denn das Saxophonspiel gehört zu ihrer Rolle als Richterin Lena Kalbach im ARD-Film "Alles was recht ist". Ganz perfekt war sie noch nicht und hatte doch gedoubelt werden müssen. Aber wenn daraus eine Reihe wird, wie sie und der Sender hoffen, will sie unbedingt selbst spielen können. Im Übrigen erleben wir die 55-Jährige hier, wie wir sie aus ihren jüngeren Rollen etwa im Münchner "Polizeiruf" kennen: munter, couragiert und mütterlich-rau.

Das verblüfft, wenn man an ihre schauspielerischen Anfänge zurückdenkt. Im Kinofilm "Onkel Toms Hütte" war sie mit 13 Jahren noch unter ihrem Geburtsnamen Gertraud Mittermayr der Kinderstar. Sie schob dann ein Studium der Sozialpädagogik ein, als das deutsche Kino sich auf "Schulmädchenreport"- und "Tolle Tanten"-Niveau bewegte: "Ich hatte einfach keine Lust, das Schneewittchen in ,Grimms Märchen für lüsterne Pärchen’ zu spielen."

Als Michaela May kehrte sie zur Schauspielerei zurück, und wer sie in ihrer sexy schillernden Rolle in Helmut Dietls Edel-Serie "Kir Royal" sah, meinte schon, die künftige Femme fatale vor sich zu sehen - und dann ging es doch eher ins Mutterfach.

"Warten Sie ab! Vielleicht wird ja noch aus meiner Richterin Lena eine Femme fatale", lächelt sie. Denn: "Auf das Stückchen Vamp in sich mag doch keine Frau so ganz verzichten." Vorerst nimmt sich ihre Lena jedoch eher wie eine in die Jahre gekommene Revolutionsbraut der 68er Bewegung aus. May lächelt wieder: "Ja, ich habe damals mitgemacht, Mercedessterne abgeknickt, gegen den Vietnamkrieg protestiert, im Lammpelz mit wilden Haaren gegen Lederhosen demonstriert."

Diese stürmische Zeit sei wohl unwiederholbar: "Der jungen Generation kann man das kaum noch erklären. Sie ist viel konservativer und angepasster als wir. Sie lehnt sich nicht auf, vielleicht auch weil es nicht mehr so viel gibt, wogegen sich auflehnen lässt."

Aber dass zum Beispiel die Gastwirte, nicht aber ihr jugendliches Publikum gegen das allumfassende Rauchverbot protestieren, begreift die überzeugte Nichtraucherin einfach nicht: "Wie selbstverständlich die eine solche Einschränkung ihrer ganz persönlichen Freiheit hinnehmen." Ein Seufzer: "Vielleicht werden ja die Enkel wieder etwas mutiger."

Sie selbst hat noch keine, dafür im Film eine fast schon erwachsene Enkeltochter. Das ist für sie kein Problem gewesen: "Ich habe immer schon gern Rollen gespielt, die meiner jeweiligen Altersstufe entsprochen haben, und nicht mit 50 gewaltsam auf 40 gemacht. Sicher, man kann die Haut straffen, dass man um zehn Jahre jünger durchgeht. Aber die Seele mit ihrer Ausstrahlung strafft sich leider nicht."

Persönlich Michaela May wurde am 18. März 1952 in München geboren. Sie nahm früh Ballettunterricht und stand mit elf Jahren erstmals vor einer Kamera. Aus ihrer ersten Ehe hat sie zwei Töchter. Seit 2006 ist sie mit dem Regisseur Bernd Schadewald verheiratet.

Wichtige Filme "Onkel Toms Hütte" (1965), "Monaco Franze" (ab 1983), "Der Bergdoktor" (ab 1993), "Polizeiruf 110" mit Edgar Selge (2001 - 2008)

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