Mexikos „Große Drei“ ziehen durch Südamerika

Buenos Aires (dpa) - David Alfaro Siqueiros, Diego Rivera und José Clemente Orozco - es sind die Begründer der modernen mexikanischen Malerei. Vor mehr als 40 Jahren kamen ihre Werke in Chile unter Beschuss der Truppen Pinochets.

Mexikos „Große Drei“ ziehen durch Südamerika
Foto: dpa

Jetzt sucht die Sammlung neuen Anschluss an Südamerika. In Buenos Aires ist nun eine Ausstellung zu sehen, die später auch nach Peru und vielleicht nach Brasilien weiterziehen soll.

Der mexikanische Kunstsammler Álvar Carrillo Gil hatte seine einzigartige Sammlung der drei Großen des mexikanischen Muralismus (der Begriff bezeichnet die in Mexiko verbreitete Wandmalerei im öffentlichen Raum, oft mit sozialer und nationaler Thematik) gestiftet, um ein Museum aufzubauen. Noch vor der Eröffnung des heute anerkannten Museums in Mexiko-Stadt sollte Chile inmitten des sozialistischen Experiments von Salvador Allende die Möglichkeit bekommen, die Werke der sozial engagierten „Tres Grandes“ zu bewundern. Am 13. September 1973 sollte Chiles sozialistischer Präsident die Ausstellung mit Werken eröffnen.

169 Werke von Orozco (1883-1949), Rivera (1886-1957) und Siqueiros (1896-1974) waren bereits im Kunstmuseum von Santiago de Chile aufgehängt worden. Pablo Neruda schrieb die Einleitung für das Ausstellungsprogramm: „Das Feuer dieser Gemälde, das nicht zu löschen ist, dient auch unseren Verhältnissen.“ Es sollten die letzten Zeilen sein, die vom Literaturnobelpreisträger zu Lebzeiten veröffentlicht wurden.

Denn es kam anders: Zwei Tage vor der geplanten Eröffnung, am 11. September, führte General Augusto Pinochet in Chile den blutigen Staatsstreich an, der das Militär an die Macht brachte. Auch das Kunstmuseum von Santiago de Chile wurde von Panzern beschossen. Die mexikanischen Kunstwerke blieben unversehrt, weil sie sich im zweiten Stock über der Schusslinie befanden. Der Kurator Fernando Gamboa konnte die 26 Kisten mit den Ausstellungsstücken erst fünfzehn Tage später auf abenteuerlichem Weg zurück nach Mexiko bringen. Neruda, der nach Mexiko ins Exil gehen wollte, starb am 23. September 1973 in einem Hospital in Santiago. Bis heute ranken sich Spekulationen um die Todesursache.

Die Schau „La exposición pendiente“ (etwa: Die ausstehende Ausstellung) vereint nun 76 der damals geretteten Werke von Rivera, Siqueiros und Orozco sowie eine Dokumentation über die damals gescheiterte Ausstellung und die dramatischen Geschehnisse. Bis Ende Februar war sie im Kunstmuseum in Chile zu sehen, nun folgt von Mittwoch an das Nationale Kunstmuseum von Buenos Aires.

Zu den reisenden Werken zählen wertvolle frühe Zeichnungen Orozcos, Gemälde aus der kubistischen Epoche Riveras und Skizzen der Wandmalereien von Siqueiros. Als weitere Station der Ausstellung ist 2017 das Kunstmuseum von Lima (MALI) vorgesehen. Im Gespräch ist auch noch eine brasilianische Etappe der Tour im Memorial da América Latina in São Paulo, wie der Kurator Carlos Palacios der Deutschen Presse-Agentur sagte.

In der argentinischen Hauptstadt ist die Ausstellung durch Werke lokaler Künstler ergänzt, die vor allem in Kontakt mit Siqueiros standen, der 1933 in Buenos Aires mit „Ejercicio Plástico“ eine seiner besten Wandmalereien geschaffen hatte. Argentinische Künstler wie Antonio Berni, Lino Enea Spilimbergo oder Juan Carlos Castagnino übernahmen die soziale Thematik und das Großformat für ihre Werke. Der Titel der Ausstellung in Buenos Aires wurde erweitert und lautet nun „La exposición pendiente y La conexión Sur“ (etwa: Die ausstehende Ausstellung und die Süd-Verbindung): Damit wird der Einfluss der „drei Großen“ Mexikos auf den südamerikanischen Kontinent verdeutlicht.

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