Interview Meteorologe: „Regen ist vorerst nicht in Sicht“

Berlin. Dieser Sommer könnte ein „Jahrhundertsommer“ werden — nur liegt der letzte gerade erst 15 Jahre zurück. Oliver Klein, Meteorologe beim Wetterdienst MeteoGroup in Bad Dürrheim, über die anhaltende Dürre in weiten Teilen Deutschlands und den Klimawandel.

 Meteorologe beim Wetterdienst MeteoGroupin Bad Dürrheim: OliverKlein. Foto: privat

Meteorologe beim Wetterdienst MeteoGroupin Bad Dürrheim: OliverKlein. Foto: privat

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Herr Klein, wann hat es einen solchen Trocken- und Hitze-Sommer zuletzt gegeben?

Oliver Klein: Da muss man schon relativ weit zurückblicken. 2003 hatten wir ähnliche Verhältnisse wie jetzt. Dazwischen gab es mal einzelne Hitze-Monate. Der Juli 2006 zum Beispiel mit der Fußball WM, aber damals war es im August wieder deutlich kühler. Derzeit haben wir bereits eine deutlich längere Phase mit sommerlichen Temperaturen. Mancherorts begann das schon im April.

Das heißt aber, dieser Sommer ist noch im Rahmen des statistischen Spektrums.

Klein: Ja, bisher. Es gab sehr viele Sommertage über 25 Grad, aber noch nicht viele ungewöhnlich heiße Tage über 30 oder gar 35 Grad. Das kommt aber jetzt in Fahrt.

Unter der Trockenheit stöhnen vor allem Nord- und Ostdeutschland, weniger die Südländer. In den Sommern davor war das gefühlt genau umgekehrt. Woran liegt`s?

Klein: Ja, die Beobachtung ist richtig. Hier in Bad Dürrheim im Schwarzwald ist es noch relativ grün, aber weiter nördlich gibt es statt Gras nur Heu, und die Bäume werfen die Blätter ab. Sehr trocken ist es in einem Streifen vom Rheinland bis zur Nord- und westlichen Ostsee. In Kleve am Niederrhein zum Beispiel hat es zuletzt am 8. Juni geregnet, also vor rund sieben Wochen. Ursache ist eine besondere Wetterkonstellation, bei der sich immer wieder regenerierende Hochdruckgebiete von Großbritannien bis Skandinavien erstrecken.

Und das bedeutet?

Klein: Das bedeutet, dass Tiefdruckgebiete einen anderen Weg einschlagen als sonst. Statt im Normalfall auch Norddeutschland zu überqueren, haben sie wegen der Hochs keine Chance, dort mit feuchter Altantikluft hinzukommen. Deshalb auch die großen Waldbrände in Schweden und Tage lang mehr als 30 Grad in Großbritannien. So wandern die Tiefs in den Süden. Besonders in den Alpenländern gab es deshalb schon ungewöhnlich heftige Schauer und Gewitter.

Sind solche Kapriolen bereits eine Auswirkung des Klimawandels?

Klein: Zumindest häufen sich die Ausreißer. Im superheißen und trockenen Jahr 2003 war man von einem Jahrhundertsommer ausgegangen. Aber seitdem sind nur 15 Jahre ins Land gegangen. Auch die heftigen Schauer und Gewitter ballen sich immer mehr in den Sommermonaten. Insofern kann man schon von einer Klimaverschiebung sprechen, die zum Teil auch menschengemacht ist.

Werden Hochsommer in Deutschland bald zum Normalzustand?

Klein: Es wird auch immer mal wieder kühle und nasse Sommer geben. Genauso, wie es statt der milden Winter auch schneereiche und frostige Winter geben wird. Dann sind das eher die Ausreißer. Denn in der Summe erwarten wir schon ein wärmeres und trockeneres Klima.

Können die ausgedörrten Teile Deutschlands demnächst mit Regen rechnen?

Klein: Wir nutzen Wettermodelle von deutschen, britischen und amerikanischen Wetterdiensten. Das mit der längsten Vorhersage reicht 17 Tage in die Zukunft, also bis weit in den August hinein. Und da ist keine große Umstellung der Wetterlage in Sicht. Auch kein längerer Regen. Trockenheit, Waldbrandgefahr und niedrige Flusspegel werden sich eher noch verschärfen.

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