Medizinskandal in Wegberg: Zitronensaft in OP-Wunden

Wegberg/Mönchengladbach. In einer Wegberger Klinik sollen sechs Patienten nach Behandlungsfehlern gestorben sein. Der Chirurg sitzt in Haft.

Wegberg/Mönchengladbach. Zur Verhaftung des wegen schwerer Behandlungsfehler unter Verdacht der fahrlässigen Tötung stehenden Leiters und früheren Chefarzts der Wegberger Klinik will die Staatsanwaltschaft am Montag Details bekanntgeben. Ein Sprecher der Ermittlungsbehörde in Mönchengladbach hatte die Verhaftung von Dr. Arnold Pier bestätigt.

Der ehemalige Chefarzt und in Wegberg (Kreis Heinsberg) als Klinik-Geschäftsführer tätige Mediziner war am Donnerstag festgenommen worden. "Am Freitag hat ein Richter Haftbefehl erlassen", bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft weiter. Zu Haftgründen und weiteren Einzelheiten wollte er sich zunächst nicht äußern.

Die Ermittlungen waren durch eine anonyme Anzeige mit "Insiderwissen" 2007 ins Rollen gebracht worden. Den Ermittlungsergebnissen im vergangenen Jahr zufolge soll der Mediziner unnötige Operationen durchgeführt und OP-Wunden mit Zitronensaft desinfiziert haben.

Noch im März waren die Ermittler von zwei Todesfällen ausgegangen. Bei einer 78-jährigen Frau soll die Darmnaht undicht gewesen sein. Bei einem 69-Jährigen soll mangelnde Hygiene tödliche Folgen gehabt haben. Nach der Vernehmung von Pflegern, Angehörigen und Patienten hatte die Staatsanwaltschaft im April 2007 mit der Untersuchung von 25 Fällen begonnen.

Mit Bekanntwerden der Vorwürfe war zunächst kein Haftbefehl erlassen worden, weil damals laut Staatsanwaltschaft weder Flucht- noch Verdunklungsgefahr bestand.

Der frühere Chefarzt soll mindestens 19 Menschen falsch behandelt haben, sechs davon starben. Ihm war bereits 2007 die ärztliche Zulassung entzogen worden, als Geschäftsführer des kleinen Krankenhauses war er weiter tätig.

Zu den Behandlungsfehlern sollen unnötige Organentnahmen gehören. "Einmal wurde einem Patienten die Gallenblase entnommen, obwohl es keine medizinische Notwendigkeit gab", sagte Lothar Gathen von der Staatsanwaltschaft. Bei einem anderen Patienten sei fälschlich ein Tumor festgestellt worden. Aufgrund dieser Fehldiagnose sei der Patient operiert worden.

Auch weitere Ärzte der Klinik sind wegen Verdachts der Tatbeteiligung im Visier der Ermittler. Sie sollen geschwiegen haben, als die Patienten falsch und unnötig operiert wurden.

Die Stadt Wegberg und das Antoniusstift hatten ihre Anteile an der damals vor der Insolvenz stehenden Klinik 2006 für 26000 Euro an Arnold Pier verkauft.

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