Markus Lanz: An Kerner kommt er nicht heran

Markus Lanz erhält gerade mal ein Drittel des neu zu verteilenden Talk-Kuchens im ZDF. Markus Lanz präsentiert sich stets als der nette Mann von nebenan - Ecken und Kanten: Fehlanzeige.

Mainz. Das ging flott: Erst vor einem Jahr gab der ehemalige RTL-Mann Markus Lanz sein Debüt beim ZDF. Zwölf Monate später ist der 40-Jährige das neue fleißige Mainzelmännchen im Zweiten. Dennoch wird er Johannes B. Kerner nicht nahtlos als Viel-Talker beerben.

Wenn der bisherige ZDF-Allzweckmoderator Kerner im Oktober zu Sat.1 wechselt und sein Talksendeplatz an drei Abenden in der Woche frei wird, darf Lanz nur donnerstags plaudern, ließ das ZDF durchsickern.

Die beiden anderen Tage sollen zwei andere Moderatoren übernehmen. Fürs Sommerloch bekommt er immerhin wieder die große Lösung: Von heute an darf er den Kollegen Kerner ganz allein vertreten.

Das neue Modell für die Programmschiene am späten Abend ist ein plötzliches Luftloch im bislang so beeindruckenden Höhenflug von Markus Lanz beim ZDF. "Für mich geht es um das, was genau zwischen Unterhaltung und Nachrichten liegt, also in etwa die Schiene, die auch Johannes B. Kerner abdeckt", hatte der Moderator voriges Jahr bei seinem Wechsel zum ZDF angekündigt.

In Windeseile übernahm der ehemalige RTL-Mann seitdem einschlägige Formate. Das Plappern in Talkshows gehört zu seinem Handwerk, aber auch Quizsendungen wie "History" - Unterhaltung mit etwas Bildungshintergrund.

Ein bisschen Ernst, ein bisschen Boulevard: Lanz tummelt sich in dem TV-Genre, das unter anderem Günther Jauch mit seinem "Stern TV" auf RTL pflegt - jener Sender, von dem Lanz 2008 so dringend weg wollte. Der ständige Quotendruck, die damit einhergehende "Grundaufgeregtheit" bei dem Privatsender und der Tretmühlencharakter seines Jobs seien ihm zu viel geworden, sagt der 40-Jährige.

Er gibt sich gern als Typ, der die Hochleistungsgesellschaft kritisch betrachtet. Ihn bewege die Frage: "Wie viel Hamsterrad muss eigentlich sein?", um die es auch in seiner erfolgreichen Biographie über Horst Lichter ("Und plötzlich guckst du bis zum lieben Gott") geht.

Wenn er seine Heimat Südtirol besuche, stehe er in aller Herrgottsfrühe auf, um im Bergwald zu fotografieren, sagt der begeisterte Sportler, der schon zum Haitauchen in Südafrika war und eine Expedition zum Nordpol unternommen hat.

Nur folgerichtig, dass der ehemalige Klosterschüler vom lauten RTL und seinem grellen Boulevardmagazin "Explosiv" zum vergleichsweise biederen ZDF wechselte. So entbehrt es auch nicht einer gewissen Glaubwürdigkeit, wenn Lanz beteuert, dass es ihm langfristig ohnehin zu viel gewesen wäre, Kerner an allen drei Talk-Abenden in der Woche zu beerben.

Markus Lanz präsentiert sich stets als der nette Mann von nebenan - Ecken und Kanten: Fehlanzeige. Bei Kritikern läuft er deshalb unter langweilig. "Wenn Sie die Leute überfahren, holen sie aus denen gar nix mehr heraus", verteidigt er sich zwar, doch in der Tat lösen seine TV-Auftritte weder große Begeisterung noch vehemente Ablehnung aus.

Und so waren auch die Quoten, als Lanz 2008 erstmals als Kerner-Vertretung talkte, weder fulminant noch desaströs: 11,2 Prozent Marktanteil im Schnitt, das ist recht brav.

ZDF, 22.45 Uhr: Markus Lanz

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