"Mallorca-Mord": Das Geständnis ist nichts wert

Torsten T. aus Wuppertal war von verdecktem Ermittler gedrängt worden.

<strong>Karlsruhe/Wuppertal. Der so genannte "Mallorca-Mord" sorgte im vergangenen Jahr für bundesweite Schlagzeilen: Es ging um eine Sommerparty in Arenal. Die damals 15-jährige Stefanie R. aus Lüdenscheid wollte unbedingt mitfeiern. Die Mutter erlaubte es - und sah ihre Tochter nie wieder. Die Leiche des hübschen Mädchens wurde erst im Sommer 2005 entdeckt. Bereits vorher war der Wuppertaler Gelegenheitsarbeiter und notorische Kleinkriminelle Torsten T. als mutmaßlicher Mörder des Mädchens in Verdacht geraten. In einem Aufsehen erregenden Prozess über 20 Verhandlungstage vor dem Wuppertaler Landgericht im vergangenen Jahr hatte Torsten T. von seinem gesetzlich garantierten Schweigerecht Gebrauch gemacht und eisern geschwiegen - wie bereits zuvor bei den Vernehmungen durch die Polizei. Auch aus diesem Grund war die Beweislage trotz jahrelanger Ermittlungsarbeit der Polizei schlecht, wie selbst das Gericht einräumte: Es gab keine eindeutige Todesursache, keine genaue Tatzeit, geschweige denn Tatzeugen.

Eine Tötungsabsicht war dem Angeklagten nicht nachzuweisen

Am 22. August 2006 war Torsten T. dennoch verurteilt worden - aber nicht wegen Mordes, sondern wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Torsten T. habe die 15-Jährige mit Chloroform betäuben und damit gefügig machen wollen, erläuterte das Gericht seinerzeit. Eine vorhergegangene Tötungsabsicht habe sich nicht erkennen lassen. Das Urteil: Neuneinhalb Jahre Haft.

Doch dieses Urteil war vor allem dadurch zu Stande gekommen, weil ein verdeckter Ermittler der Polizei zu dem Angeklagten gezielt ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hatte und ihn zu einem Geständnis der Tat gedrängt hatte. Dieses Geständnis hatte das Wuppertaler Landgericht in der Urteilsbegründung als "von zentraler Bedeutung für die Beweiswürdigung" bezeichnet.

Der Ermittler des NRW-Landeskriminalamtes mit dem Tarnnamen "Dieter" war gezielt auf den wegen einer anderen Straftat inhaftierten Torsten T. angesetzt worden und hatte ihn 2004 bei einem arrangierten Gefangenentransport kennen gelernt. Danach besuchte er ihn mehr als ein Jahr lang immer wieder im Gefängnis .

Anfang 2005 schließlich erhielt Torsten T. Hafturlaub, den er in einer von der Polizei gemieteten - und verwanzten - Wohnung verbrachte. Dort bedrängte "Dieter" ihn so lange, bis Torsten T. die Tat zugab und die Beseitigung der Leiche und der Spuren schilderte. Tags darauf wurde er festgenommen.

Einsatz Verdeckte Ermittler sind Polizisten, die unter falscher Identität ermitteln. Bei Informanten oder Spitzeln (V-Leute) handelt es sich dagegen um Privatpersonen.

Befugnisse Verdeckte Ermittler dürfen unter ihrer Scheinidentität (Legende) Rechtsgeschäfte tätigen oder auch Zeugen ohne Belehrung befragen. Straftaten dürfen sie - je nach Auftrag - nicht begehen.

Anonymität In Prozessen wird die Identität des Ermittlers in der Regel geheim gehalten, um das Leben des Polizisten zu schützen. Seine Aussagen macht ein Stellvertreter. Auf Antrag wird er an einem anderen Ort vernommen, Stimme und Aussehen werden technisch verfremdet. Stimme und Bild werden in den Gerichtssaal übertragen.

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